Qualitätsmanagement: Nach der Revision ist vor der Revision

GUTcert beteiligt sich an den Vorarbeiten zur nächsten Revision der ISO 9001 im Rahmen des Workshops „Future concepts“

Gefühlt wurde erst gestern die neue Norm für Qualitätsmanagementsysteme nach ISO 9001 veröffentlicht. Tatsächlich ist es aber bereits mehr als drei Jahre her und die Übergangszeit für alle Unternehmen ist damit seit längerer Zeit verstrichen. Aber während sich manch eine Firma noch mit den neuen Anforderungen genauer auseinandersetzen muss, arbeitet die Internationale Organisation für Normung (ISO) bereits an der nächsten Revision des Standards. Die Veröffentlichung einer neu revidierten ISO 9001 ist für 2023 geplant. Nach der großen Revision im Jahr 2015 ist dann aber „nur“ ein kleines Update fällig, das in der Regel vorrangig bereits vorhandene Inhalte konkretisiert und nachschärft.

In Vorbereitung auf deren Inhalte haben der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) und die Deutsche Gesellschaft für Qualität (DGQ) einen Workshop veranstaltet, um den Änderungsbedarf für die Überarbeitung der ISO 9001 zu ermitteln.

Andreas Lemke (GUTcert)

Im Rahmen eines 1-Tages Workshops fassten insgesamt 30 QM-Spezialisten aus Industrie und Zertifizierungsstellen sowie Auditoren und Verbände ihre Erfahrungen der aktuellen Norm zusammen und arbeiteten Ansätze für Konzepte zur Weiterentwicklung der ISO 9000 Familie heraus. Die Ideen werden im Anschluss konsolidiert und von den deutschen Vertretern im ISO TC 176 in die entsprechende Arbeitsgruppe eingebracht. Damit auch die GUTcert direkten Einfluss auf die Normentwicklung nehmen kann, hat unser Zertifizierungsstellenleiter, Herr Andreas Lemke, mit seinem langjährigen Wissen als leitender QM-Auditor aktiv in der Arbeitsgruppe mitgewirkt.

Welche Entwicklungen werden in der neuen ISO 9001 erwartet?

Die gesellschaftliche und technologische Entwicklung wird auch das Voranschreiten der Norm beeinflussen. So werden sich Managementsysteme zukünftig mit Themen wie der zunehmenden Digitalisierung in der Arbeitswelt und einem veränderten Wissensmanagement begründet durch Künstliche Intelligenz (KI) auseinander setzen müssen. Auch wird die Qualität von Produkten und Dienstleistungen stärker von externen Faktoren abhängig sein, da sich Globalisierung und Internationalisierung der Lieferketten zu alltäglichen Herausforderungen für Unternehmen entwickeln.

Wie können derartige Trends die Inhalte der Norm mitgestalten?

Ganz klar: Neue Technologien und Verhaltensweisen erfordern veränderte Denkweisen im System. Im Rahmen der ISO 9001 ist absehbar, dass sich diese Einflussmöglichkeiten in der Formulierung der QM-Grundsätze bzw. in den spezifischen Anforderungen des Qualitätsmanagements widerspiegeln. Im Folgenden sind nur einige der herausgearbeiteten Anpassungen aufgezeigt:

  • Transparenz in der Lieferkette werden als entscheidender Punkt eingearbeitet
  • Business Continuity Management (BCM) wird als Thema für die Erfüllung der Kundenanforderungen entscheidender Faktor
  • Die Steuerung von Prozessen durch KI wird durch den Menschen nicht mehr nachvollziehbar
  • Wissensmanagement betrifft nicht mehr länger nur den Menschen, sondern zukünftig auch Prozesse (z.B. zunehmend intelligente Prozesse verringern Anforderungen an Mitarbeiter)
  • Kompetenz ist mehr als nur ein Nachweis für erworbenes Wissen, es muss immer in Zusammenhang mit dem gesamten Prozess und seiner Infrastruktur betrachtet werden
  • Die Arbeitswelt entwickelt sich durch zunehmende Digitalisierung (Stichwort Industrie 4.0) qualitativ weiter

Neben den neuen Herausforderungen und damit verbundene Anforderungen analysierten die QM-Experten auch die Verbesserungspotentiale der derzeit gültigen Norm. Im Sinne einer fortlaufenden Verbesserung sollen diese Potentiale ebenfalls in die Weiterentwicklung des QM-Standards mit einfließen.

Was kann man besser machen?

Primäre Themen in diesen Diskussionen waren vor allem die Anforderungen interessierter Kreise und das Betrachten von Risiken und Chancen, bei denen man den Detaillierungsgrad noch etwas schärfen sollte. Auch die Prozessorientierung, die schon seit der 2000er Ausgabe der ISO 9001 gefordert ist, wird immer noch nicht überall umfassend gelebt.

Darüber hinaus wurde diskutiert, ob die Umsetzung des PDCA-Zyklus mit dem Fokus auf fortlaufende Verbesserung geschärft werden soll. Hier sind andere Managementsystemnormen für Umwelt (ISO 14001) oder Energie (ISO 50001) schon weiter.

Insgesamt waren sich alle Teilnehmer einig, dass bei der Weiterentwicklung der ISO 9001 die Akzeptanz bei den Anwendern und deren Kunden die zentrale Rolle spielen muss. Die Erfahrungen, die bei den branchenspezifischen Varianten der ISO 9001 (z.B. IATF 16949 oder ISO/TS 22163) gesammelt wurden zeigen, dass ein hohes Anforderungsniveau diese Akzeptanz verbessern kann.

Es bleibt also spannend in der Fortentwicklung der ISO 9001:2023 (?).  Schon Ende März beginnt die Kommentierung der eingereichten Vorschläge. Allerdings kann man davon ausgehen, dass einige der hier kurz vorgestellten Ideen erst in die nächste große Revision der ISO 9001 einfließen werden, die dann um das Jahr 2030 zu erwarten ist.

Selbstverständlich bleiben wir für Sie am Ball und werden umgehend über die Ergebnisse und weitere Vorgehensweise informieren.

Sie haben Fragen oder Hinweise? Richten Sie diese gern an Frau Sindy Prommnitz.

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