Was ein Unglück in China mit Arbeitsschutz in Deutschland zu tun hat

Die Explosion in einem Chemiepark in Yancheng schlägt in China weiterhin große Wellen – in Deutschland steht Risikomanagement glücklicherweise höher im Kurs

78 Tote und hunderte Verletzte – während die Explosion vom 21. März schon nach einem Tag aus den deutschen Medien verschwand, ist das Thema in China nach wie vor aktuell. Die Ursache für die Explosion in der Fabrik der Jiangsu Tianjiayi Chemical Co Ltd., die den gesamten Komplex und angrenzende Gebäude in eine Ruinenlandschaft verwandelte, ist noch ungeklärt.

Die chinesische Öffentlichkeit fokussiert sich auf industriellen Sondermüll, Arbeitssicherheit und die Bestrafung der Verantwortlichen. Denn erste Erkenntnisse deuten an, dass der Explosion ein Brand im Sondermülllager vorausging: Ein Lager, das sich in unmittelbarer Nähe zu einer Erdgastankstelle befand.

Der durch die Explosion freigewordene Industriemüll vergiftet seither die Umgebung und bedroht die Wasserversorgung. Schon in der Vergangenheit war dieses Chemiewerk wegen diverser Umweltdelikte aufgefallen und hatte Strafen erhalten, so ist die Wut der Anwohner umso größer. Inzwischen wurden 26 Verantwortliche festgenommen, die z.T. unter dem Verdacht stehen, Expertisen gefälscht zu haben. Auch von fahrlässigem Umgang mit umweltgefährdenden Chemikalien, der zu dem Unglück beigetragen haben soll, ist die Rede.

„Schmuddelkind“ China auf dem Weg der Besserung

Während Umweltverschmutzung in China lange als der Preis des Wohlstands akzeptiert wurde, werden nun schon seit Jahren die Rufe nach mehr und besserem Umweltschutz immer lauter. Besonders Chinas „dicke Luft“ macht auch in Deutschland mit trauriger Regelmäßigkeit Schlagzeilen, aber auch Boden und Wasser leiden unter starker, oft illegaler Verschmutzung. Die Regierung bleibt hier nicht untätig und stößt den Bau weiterer staatlicher und privater Sondermüllbehandlungsanlagen an. Außerdem sollen illegale Deponien mit Drohnen und Big Data aufgespürt werden.

Die Mindestentfernung chemischer Produktionsanlagen zu Wohngebieten muss lt. Beschluss von 2017 in China 500 Meter betragen – bis 2025 muss dies umgesetzt sein. Die Provinzregierung Jiangsu plant zudem aktuell bis Ende 2020 die Verlegung aller Anlagen, die näher als 1 km am Yangtze Fluss liegen. Vermutlich wird dies auch auf weitere gefährdete Umwelt- und Wasserschutzgebiete ausgedehnt. In der Konsequenz haben die Provinzen Jiangsu und Shandong seit 2017 fast 6.000 Fabriken geschlossen, verlegt oder die Produktion vorerst eingestellt. Weitere werden folgen. Umweltaktivisten mahnen jedoch schon jetzt an, dass Umwelt- und Arbeitssicherheitsstandards in den Fabriken deutlich erhöht werden müssen – schlichtes Verlegen reiche hier nicht aus.

Unfallrisiko durch mangelnde Arbeitssicherheit

Und so rückt dieser Fall auch das Thema Arbeitssicherheit bei den chinesischen Kommentatoren ins Licht. Bei einer staatlichen Sicherheitsinspektion im Februar 2018 waren 13 potentielle Gefahren in der Fabrik in Yancheng aufgedeckt worden. Die Inspektion selbst war wiederum Teil einer großen Sicherheitsprüfung bei 18 Chemieunternehmen als Folge eines Unglücks in 2017.

Aufgrund des aktuellen Vorfalls werden weitere umfassende Inspektionen der Produktionssicherheit gefordert. Die chinesischen Kommentatoren gehen davon aus, dass auf diese 13 Hinweise keine Maßnahmen folgten und hier auch die Ursache für das Unglück zu suchen ist. Es werden strenge Strafen für die Verantwortlichen gefordert.

Wir sind in Deutschland – warum erzählen wir Ihnen das?

Niemand wird behaupten, dass derartige Unglücke mit einem Managementsystem vollkommen auszuschließen sind. Sie zeigen aber eindringlich, warum Normen wie z.B. die aktualisierte ISO 14001 für Umweltmanagement oder die neue ISO 45001 für Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagement explizit eine Kontext- und Stakeholder-Analyse verlangen: Verantwortliche im Unternehmen sind damit aufgefordert, sich aktiv mit Auswirkungen und möglichen Gefahren des eigenen Geschäfts auseinanderzusetzen und die Interessen aller relevanten Anspruchsgruppen zu berücksichtigen. Zu diesen gehören die eigenen Mitarbeiter, Investoren, Subunternehmer, Anwohner, Behörden, Umweltverbände, Feuerwehr, vielleicht sogar nahe gelegene Krankenhäuser und andere mehr. Eine Risiko- und Chancenanalyse mit Bezug und Kommunikation zu all diesen Gruppen hilft, Risiken und Schadwirkung von Unfällen zu minimieren und die Schnelligkeit und Effizienz von Hilfs- und Sicherungsmaßnahmen zu erhöhen. Oberstes Ziel aber bleibt natürlich die Prävention.

Mehr Kompetenz für mehr Sicherheit

Regelmäßige Kompetenzanalysen für Mitarbeiter und daraus folgende Schulungsmaßnahmen zur Vermeidung von Unfällen sind ebenfalls ein wichtiges Kriterium der Normen. Sensible Tätigkeiten sollen nur von Personen durchgeführt werden, die auch eine entsprechende Qualifikation nachweisen können.

Betrachtet man den konkreten Fall von Yancheng, ist die Compliance des Unternehmens mit rechtlichen und sonstigen Verpflichtungen besonders hervorzuheben: Die Jiangsu Tianjiayi Chemical Co Ltd hatte bereits in der Vergangenheit Umweltdelikte begangen, allem Anschein nach aber die Hinweise der Sicherheitsinspektion aus 2018 missachtet.

Die ISO-Normen für Arbeitssicherheits- und Umweltmanagementsysteme sind so konzipiert, dass die Compliance regelmäßig geprüft, bewertet und vom Top-Management kontrolliert werden muss. Aktiv kriminelles Verhalten kann dadurch natürlich nicht verhindert werden, die Chance von Gefahren durch Fahrlässigkeit wird jedoch minimiert. Niemand möchte Verletzte oder gar Todesfälle riskieren, wovon auch der nachhaltige Unternehmenserfolg abhängen kann.

Schnell handeln können

Werden Risiken oder Schwachstellen erkannt, ist ein Aktionsplan essentiell, um zeitnah Gegenmaßnahmen einleiten und umsetzen zu können. Ob die Erkenntnisse vom Mitarbeiter direkt angesprochen werden, aus einem internen Audit oder dem Feedback von Stakeholdern kommen, aus Begehungen der Aufsichtsbehörden oder externen Audits stammen ist dabei unerheblich. Letztlich sind die Normen eine Sammlung fundierter Erkenntnisse und Erfahrungen von Experten, die Unfälle im Großen und im Kleinen verhindern sollen.

Wir unterstützen Sie

Auch die GUTcert möchte ihren Beitrag für eine sicherere und umweltfreundliche Welt leisten. Daher stehen wir mit unseren hochqualifizierten Auditoren für praxisnahe, zielorientierte Audits, denen das Verbesserungspotential und die Unterstützung der auditierten Organisationen wichtig ist.

Fragen zur Zertifizierung nach ISO 45001 beantworten Ihnen gerne Frau Sindy Prommnitz oder Herr Seán Oppermann. Informationen zur Zertifizierung nach ISO 14001 erhalten Sie von Frau Sindy Prommnitz oder Herrn Michael Mattersteig.

Und unsere GUTcert Akademie bietet vielfältige Weiterbildungsmöglichkeiten in den Bereichen Arbeitssicherheit und Umweltschutz an.

Fragen zu unseren Schulungsangeboten (auch Inhouse-Schulungen) beantwortet Ihnen gerne unserer Akademie.

Die Informationen zu den Vorkommnissen in China stammen aus folgender Quelle:
http://newssearch.chinadaily.com.cn/en/search?query=chemical%20factory%20blast

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