Reduzierung von Treibhausgasen – eine sektorenübergreifende Aufgabe
Auf dem Weg zur Klimaneutralität stehen verschiedene Branchen vor spezifischen Herausforderungen: Wir geben eine Übersicht über die wichtigsten für die Sektoren
„Wir können und müssen es schaffen, dass Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent wird“ – Zitat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
Um dieses anspruchsvolle Ziel zu erreichen, muss die Industrie ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um 49-51% gegenüber 1990 gesenkt haben.
Eine besondere Rolle kommt naturgemäß den emissionsintensiven Branchen zu, wie etwa der Energieerzeugung oder der Schwerindustrie (Stahl, Aluminium, etc.). Daher wurden hier auch bereits konkrete Maßnahmen im deutschen Klimapaket definiert. Ebenfalls im Fokus stehen Unternehmen, deren Produkte direkt an Endverbraucher geliefert werden (B2C), z.B. Lebensmittel- oder Automobilhersteller und die öffentliche Hand.
Besonders die Lebensmittelbranche und der Handel gehen mit dem Thema Treibhausgasbilanzierung und Klimaneutralität immer offensiver um: Im Bereich B2B spielt sie für die Auftragsvergabe eine immer größere Rolle, auch im Bereich B2C kann sie das Unternehmensimage, die Absatzzahlen und damit Marktanteile beeinflussen.
Übersicht über die Emissionen und Ziele der einzelnen Branchen:
Im Folgenden betrachten wir die Kernfokusbereiche ausgewählter Branchen.
Fahrzeugbau
Der Fahrzeugbau ist die umsatzstärkste der deutschen Branchen. Mit 140 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (140 Mt CO2Äq) (Stand 2017) ist die Branchen auch eine der emissionsintensivsten. Bezogen auf den Umsatz schneidet der Fahrzeugbausektor jedoch vergleichsweise gut ab. Trotzdem besteht dringender Handelsbedarf, gerade wegen der kaum sinkenden Emissionszahlen im Verkehrssektor und dem großen Anteil des Verkehrs an den Gesamtemissionen Deutschlands (ungefähr 30%).
Im Fahrzeugbau entstehen ca. 90% der CO2-Emissionen in vorgelagerten Stufen und nicht an den Produktionsstandorten selbst. Für das Ermitteln eines möglichst vollständigen und aussagestarken CO2-Fußabdrucks für Unternehmen dieser Branche ist deshalb eine ausführliche Beschäftigung mit den indirekten, sogenannten Scope-3-Emissionen unerlässlich. Die Formulierung von spezifischen ökologischen Einkaufskriterien für Vorprodukte kann ein sinnvoller Schritt zur CO2-Reduzierung sein.
Hierfür bieten sowohl die Bundesregierung als auch diverse Initiativen Unterstützung für den Dekarbonisierungsprozess an. So sind im Klimapaket unter anderem Programme zur Förderung von Batteriezellfertigung und zur Entwicklung strombasierter Kraftstoffe verankert. Darüber hinaus bietet die Initiative Science Based Targets spezifische Empfehlungen und Leitfäden für den Transport-Sektor an.
Metallerzeugung und -verarbeitung
Die Metallerzeugung und -verarbeitung weist von den betrachteten Branchen mit über 140 Mt CO2Äq sowohl die höchsten absoluten CO2-Emissionen als auch die höchste CO2-Intensität auf. Dies liegt an den sehr energieintensiven Prozessen wie etwa der Stahlproduktion. Aufgrund dieser Prozesse ist eine vollständige CO2-Neutralität in dieser Branche schwierig bis unmöglich, da man für den Stahlprozess Kokskohle benötigt, die sich (noch) nicht vollständig durch Biomasse ersetzen lässt.
Knapp zwei Drittel der Treibhausgasemissionen der Metallindustrie entstehen in der Lieferkette. Die Emissionen der direkten Lieferanten machen hierbei einen großen Anteil aus. Daraus ergibt sich ein wichtiger Hebel zur Reduzierung der Umweltauswirkungen im unmittelbaren Einflussbereich.
Aufgrund der großen Herausforderungen in diesem Sektor wurden eigene Investitionsprogramme und Fördermöglichkeiten für die energieintensive Industrie im Klimaprogramm verankert.
Chemieindustrie
Als zweitgrößte Branche verursacht die Chemieindustrie Emissionen in Höhe von 100 Mt CO2Äq. Laut dem Verband der chemischen Industrie ist eine komplette Treibhausgasneutralität der Chemiebranche bis 2050 möglich und unter bestimmten Voraussetzungen auch wirtschaftlich. Allerdings sind hierfür enorme Investitionen notwendig. Zudem muss sich das Angebot an erneuerbarer Energieversorgung drastisch erhöhen, da die chemische Industrie bei dekarbonisierten Prozessen große Energieverbräuche hat (ca. so groß wie der aktuelle Stromverbrauch Deutschlands). Um die Klimaneutralität der Chemiebranche bis 2050 ökonomisch rentabel zu machen, ist lt. einem Bericht über eine VCI Studie eine deutliche Senkung des Strompreises auf ca. 4 Cent pro kWh notwendig.
In der Chemiebranche fallen im Gegensatz zu anderen Branchen mehr Emissionen direkt an den Standorten an (ca. 40%). Zudem entsteht ein großer Teil der restlichen Emissionen bei den direkten Lieferanten. Das bedeutet, dass große Emissionsmengen im direkten Einflussbereich der Unternehmen liegen und somit Reduktionsmaßnahmen in Scope 1 und 2 (direkte Emissionen und Emissionen aus dem Bezug von Energie) zu größeren Einsparungen führen können, als in anderen Branchen.
Im Klimapaket ist bereits eine leichte Senkung des Strompreises durch die Senkung der EEG-Umlage vorgesehen. Auch für die Chemiebranche stellt Science Based Targets Leitfäden und Tools zur CO2-Berechnung und Reduzierung zur Verfügung.
Weitere bedeutende Branchen
Neben diesen emissionsintensiven Branchen verursachen auch die Elektronik- und Papierindustrie, sowie der Maschinenbau und der Lebensmittel- und Bekleidungseinzelhandel bedeutende Mengen an Treibhausgasen. Auch für diese Branchen existieren Fördermöglichkeiten der Bundesregierung. Die Initiative Science Based Targets hat zudem einen Leitfaden für den Bekleidungseinzelhandel herausgebracht.
Ansprechpartner
Haben Sie Fragen oder Hinweise zum Thema Treibhausgasbilanzierung oder Klimaneutralität? Wenden Sie sich gerne an Frank Blume.