Übersicht zum aktuellen Stand des Brennstoffemissionshandelssystems

Im Laufe des letzten Jahres wurden einige Punkte des Brennstoffemissionshandelssystems konkretisiert – vieles ist jedoch noch offen

Das Brennstoffemissionshandelssystem (BEHS), geregelt im Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), soll ab 2021 eine nationale CO2-Bepreisung für die Sektoren Verkehr und Wärme einführen. Hierfür soll von 2021-2025 eine Festpreisphase, gefolgt von einem Emissionshandel eingeführt werden, zunächst mit Preiskorridor und später mit freier Preisbildung. Durch die Verabschiedung des ersten Gesetzes zur Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) vom 08.10.2020 wurde die Anhebung der Zertifikatspreise auf 25€ im ersten Jahr bis 55-65€ 2026 rechtlich beschlossen. Im Folgenden geben wir eine Übersicht über die Ausgestaltung des Gesetzes.

Zielsetzung und Anwendungsbereich des BEHG

Durch die EU-Lastenteilung wurde festgelegt, dass Deutschland bis zum Jahr 2030 seine Emissionen in den nicht EHS-Sektoren um 38% reduzieren muss. Deutschland hat sich aktuell verpflichtet, dieses Ziel auf 55% zu verschärfen. Hierfür wird im BEHG eine jährliche Emissionsobergrenze festgelegt. In der ersten Handelsperiode von 2021-2030 soll es die Möglichkeit geben, bei erhöhter Nachfrage diese Grenze zu überschreiten, um jeder Firma die gewünschte Zertifikatsmenge bereitzustellen. Dafür müssten dann Emissionsrechte bei anderen EU-Staaten gekauft werden.

Berichts- und abgabepflichtig werden im BEHS die Inverkehrbringer/Lieferanten aller Brennstoffe. Jedoch wird die Abgabepflicht 2021/22 noch auf Standard-Brennstoffe beschränkt sein. Auch über biogene Brennstoffe muss Bericht erstattet werden, allerdings wird deren Emissionsfaktor bei Nachweis bestimmter Nachhaltigkeitskriterien auf 0 gesetzt. Zusätzlich kann durch die Gesetzesänderung vom 08.10. auch Klärschlamm mit dem Faktor 0 bewertet werden.

Momentan wird auf EU-Ebene über eine Verschärfung des EU-2030-Ziels diskutiert. Dies würde auch zu einer Verschärfung der deutschen Reduktionsziele führen, was höhere Preise in der Festpreisphase oder eine Verknappung der Zertifikate in der Handelsphase zur Folge hätte. Außerdem ist eine Ausdehnung des europäischen Emissionshandels (EU-ETS) auf weitere Sektoren im Gespräch. In diesem Fall müsste das BEHS integriert bzw. abgeschafft werden.

Pflichten der betroffenen Unternehmen

Betroffene Unternehmen müssen jährlich, bis zum 31. Juli des Folgejahres, einen durch eine unabhängige Prüfstelle wie die GUTcert verifizierten Emissionsbericht vorlegen (2021/22 entfällt die Verifizierungspflicht). Außerdem muss die entsprechende Menge an Zertifikaten bis zum 30. September des Folgejahres abgegeben werden. Müssen zusätzliche Zertifikate im Folgejahr akquiriert werden, gelten die dann höheren Preise. Als Ausnahme können 10% der Zertifikate noch nachträglich bis zum 30. September zum Vorjahrespreis erworben werden. Die Zertifikate sind immer ab dem ersten Jahr der Handelsperiode (also auch rückwirkend) gültig. Banking ist während der Festpreisphase allerdings nicht möglich. Sobald eine Handelsphase ohne Preiskorridor gilt, wird dies möglich sein.

Bei Pflichtverstößen werden Sanktionen in Höhe des doppelten Zertifikatspreises fällig. Für fehlende oder falsche Berichte können Strafen von bis zu 500.000 Euro anfallen.

Zusätzlich muss einmal pro Handelsperiode ein Überwachungsplan vorgelegt und genehmigt werden. Die Frist und konkrete Anforderungen hierfür sind aber noch nicht festgesetzt.

Doppelbelastung durch EU-ETS

Doppelbelastungen durch das EU-ETS sollen vermieden werden. Hierfür werden zwei Fälle unterschieden:

  • Besteht eine feste Lieferbeziehung zwischen Inverkehrbringer und EHS-Anlagenbetreiber, kann der Lieferant diese Brennstoffmengen ex-ante abziehen und muss somit keine Abgaben für die Brennstoffe zahlen.
  • Bei komplexeren Lieferstrukturen zahlt der Inverkehrbringer zunächst die Abgabe und die Betreiber von ETS-Anlagen können nachträglich die Kompensation für die Mehrbelastung beantragen.

Härtefälle

Auch in Fällen, in denen das BEHS akut die Existenz von Unternehmen gefährdet, wird es die Möglichkeit einer Kompensation geben. Ein Unternehmen fällt unter die Härtefallregelung, wenn die Brennstoffkosten oder die zusätzlichen Kosten durch das BEHS mehr als 20% der Gesamtkosten des Unternehmens ausmachen. Die Kompensation wird in der Höhe ausgezahlt, die zur Vermeidung der unzumutbaren Härte erforderlich ist. Allerdings gilt diese Regelung nur für indirekt durch Preissteigerung der Brennstoffe betroffene Unternehmen, nicht für Inverkehrbringer.

Carbon Leakage

Für Unternehmen, in denen ein großes Risiko der Emissionsverlagerung ins Ausland besteht, wird es ebenfalls Hilfestellungen geben. Für die Festlegung der betroffenen Sektoren soll die Carbon Leakage Liste des EU-ETS der 4. Handelsperiode übernommen werden. Zusätzlich soll diese aber auf Basis qualitativer und quantitativer Kriterien um weitere Sektoren ergänzt werden können. Auch für die zweite Handelsperiode 2026-2030 soll die Liste erneut aktualisiert werden. Die Entlastung der Unternehmen soll vorrangig durch die Unterstützung klimafreundlicher Investitionen erfolgen. Da deren Planung und Realisierung jedoch sehr zeitintensiv ist, ist auch eine finanzielle ex-post Kompensation vorgesehen. Die Beihilfe wird ab Überschreiten einer gewissen Mindestschwelle gewährt und wird geplant stufenweise von 65% auf 95% erhöht. Zur Berechnung der Beihilfehöhe wird der Benchmarkansatz aus dem EU-Emissionshandel übernommen.

Der Erhalt der Beihilfe soll außerdem an den Nachweis eines zertifizierten Energiemanagementsystems nach ISO 50001 oder ein Umweltmanagementsystem nach EMAS und Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Produktionsprozesse oder zur Effizienzsteigerung geknüpft werden. Für Unternehmen mit einem Verbrauch von weniger als 500 MWh fossiler Brennstoffe pro Jahr reicht die Mitgliedschaft in einem anerkannten Energieeffizienz- oder Klimaschutznetzwerk aus. Daneben müssen die Unternehmen nachweisen, dass sie Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Produktionsprozesse oder zur Verbesserung der Energieeffizienz realisieren.

Momentan liegen nur die Eckpunkte der Carbon Leakage Verordnung vor. Bis Ende 2020 soll die vollständige Fassung verabschiedet werden. Das Inkrafttreten steht dann aber noch unter dem Vorbehalt einer beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission. Aufgrund einer neu beschlossenen Verordnungsermächtigung soll diese Verordnung (statt ursprünglich ab dem 01.01.2022) ab dem 01.01.2021 gelten. Zudem wird momentan geprüft, ob bei der Berechnung der Beihilfe die Absenkung der EEG-Umlage zu berücksichtigen ist.

Verfassungsmäßigkeit

Über die Verfassungsmäßigkeit des BEHG wurde und wird intensiv diskutiert. Der kritische Punkt ist, dass das Verfassungsgericht den EU-ETS 2018 als „Vorteilsabschöpfungsabgabe“ als verfassungsmäßig erklärt hat. Entscheidendes Kriterium hierfür war, dass es eine bestehende Obergrenze der handelbaren Zertifikate gibt. Eben diese fehlt während der Festpreisphase des BEHS. Allerdings wird diskutiert, ob die Einführungsphase als erforderliche Vorbereitungsphase für die Einführung des marktwirtschaftlichen Systems angesehen werden kann und somit zulässig wäre. Solange diese Fragen nicht final geklärt sind, besteht das Risiko einer Normenkontrollklage und der eventuellen Rückzahlungspflicht der eigenommenen Mittel.

Forderung des Bundestags

Neben der Verabschiedung der Gesetzesänderung vom 08.10. hat der Bundestag eine Entschließung verabschiedet. In dieser wird die Bundesregierung aufgefordert, die finanzielle Kompensation auch über die Anfangsphase der Bepreisung hinaus zu ermöglichen. Zudem sollen bei der Evaluierung des BEHG im Jahr 2022 unter anderem folgende Punkte geprüft werden:

  • Die Ausweitung der einbezogenen Brennstoffe im Jahr 2023: Insbesondere die möglichen Auswirkungen auf die Abfallwirtschaft und ggf. die Einbeziehung des Abfallbereichs erst ab dem Jahr 2024
  • Wie eine Doppelbelastung von EU-ETS-Anlagen möglichst ex ante vermieden wird und die Möglichkeit der Übertragung der Verantwortlichkeit auf die Betreiber von EU-ETS-Anlagen zu diesem Zweck
  • die Auswirkungen der CO2-Bepreisung auf die Wirtschaftlichkeit von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, wobei Wettbewerbsnachteile von KWK-Anlagen gegenüber reinen Wärmeerzeugungsanlagen dabei ausgeglichen werden sollten

Ansprechpartner

Haben Sie Fragen zum Brennstoffemissionshandelsgesetz? Wenden Sie sich gerne an Frank Blume.

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