15.Expertentreffen bei der Biogaspartnerkonferenz in Berlin

Themen bei der Biogaspartnerkonferenz im Rahmen des Energiewende-Kongresses der Deutschen Energieagentur (dena):  steigenden Nutzung von Abfall- & Reststoffen, Absatzmärkte von Biomethan, Biomethan im internationalen Handel

Toni Reinholz, Teamleiter Erneuerbare Gase und Bioenergie bei der dena, eröffnete am 13.11. die Veranstaltung mit einem kurzen Überblick zum Stand des Biomethanmarktes: Die Ausschreibungen für Biomethananlagen sind weiterhin stark unterzeichnet (keine Gebote!), die Kraftstoffquoten sind gefallen, es besteht immer noch kein klarer Fahrplan zur Zielerreichung für Biomethan zur REPower EU und der Markt ist generell ‚short‘ geworden. Aktuell besteht mehr Nachfrage nach Biomethan als angeboten wird: Es gibt also Handlungsbedarf.

Die Zukunft von Biomethan – Auswirkungen der steigenden Nutzung von Abfall- & Reststoffen

Tino Barchmann (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)) berichtete über den Fortschritt beim Erarbeiten der Nationalen Biomassestrategie (NABIS). Derzeit im Anhörungsprozess, wird sie sicher erst im nächsten Jahr verabschiedet. Strategisch stehen hier die Rahmenbedingungen für nachhaltige Biomasseerzeugung und -verwendung im Vordergrund, was auch bedeutet, aktuelle Hindernisse beim Verwerten von Abfällen zu reduzieren, Förderungen für Altholz anzupassen und glaubwürdige Zertifizierungssysteme aufzubauen.

In der Podiumsdiskussion mit CEO Felix Colsmann von der DAH Gruppe wurde über die Flexibilisierung des Substrateinsatzes in Biogasanlagen und die bald verpflichtende THG-Minderungsquote diskutiert. Einig waren sich die Teilnehmenden darin, dass Restriktionen beim Substrateinsatz abgebaut werden müssen und eine flexible Fahrweise zwischen Stromerzeugung und Gaseinspeisung zur Integration von Biogas ins Gesamtenergiekonzept angestrebt werden sollte.

Problematisch sieht Colsmann die bald für alle Biogasanlagen (bisher auch Bestandsanlagen) verpflichtende THG-Minderungsquote (aktuell bei 80% ab 2026). Diesbezüglich kann nur gehofft werden, dass diese neue gesetzliche Hürde abgewandelt wird, bevor sie zur Stilllegung vieler Bestandsanlagen führt. Grundsätzlich wünscht sich Colsmann für die Zukunft, dass starre Substratkorsett abzustreifen und eine dynamische Arbeitsweise mit Naturprodukten zu etablieren.
  
Absatzmärkte von Biomethan – ist genügend Biomethan für alle da?

Dr. Volker Bartsch vom DVGW e.V. zeigte anhand des Gasnetzgebietstransformationsplans (GTP), dass Gasverteilnetze als tragende Säule zur Versorgung des Mittelstands unverzichtbar sind und die Mehrheit der Gasnetzbetreiber auf Mischgasnetze, viele aber auch auf reine Biomethan- bzw. Wasserstoffnetze setzen. Bis 2030 soll der erste Einsatz von Wasserstoff in Verteilnetzen realisiert werden. Die Mehrheit von 1.000 befragten Kommunen erachtet den Einsatz klimaneutraler Gase als zukunftsträchtig.  

Bislang sind 232 Biogasaufbereitungsanlagen an das Gasnetz angeschlossen und genauso viele Anschlussbegehren liegen aktuell noch vor. Da sich der Netzanschluss teilweise aufgrund dezentraler Lage bzw. geringer Anlagengröße schwierig gestaltet, liegt Potential im Aufbau kleiner, regionaler Rohbiogasnetze, die mehrere Biogasanlagen mit einer zentralen Aufbereitungsanlage verbinden sowie PowerToGas (PtG)-Anlagen, die erneuerbaren Strom aus Wind- und PV-Anlagen in Wasserstoff umwandeln und ins Erdgasnetz einspeisen. Herr Bartsch ist sich sicher: Wasserstoff und Biomethan müssen verheiratet werden, um schrittweise Erdgas durch erneuerbare Gase zu ersetzen. Die von der SPD aufgeworfene Grüngasquote hält er durchaus für ein probates Mittel, Investitionsanreize für erneuerbare Gase zu setzen und einen Markthochlauf zu initiieren.

Thomas Wencker von der ASUE (Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch e.V.) beleuchtete das regulatorische Umfeld der Energiewende: Gebäudeenergiegesetz (GEG), Energieeffezienzgesetz (EnEfG) und Wärmeplanungsgesetz (WPG) erhöhen den Bedarf an klimaneutralen Gasen zur Wärmebereitstellung. Als Erfüllungsoption kann Biomethan sowohl die Vorgaben des GEG als auch des WPG erfüllen und nimmt daher eine Schlüsselposition ein. Wenn ab 2045 laut GEG keine fossilen Brennstoffe mehr zur Wärmebereitstellung eingesetzt werden dürfen, wird der Bedarf an Biomethan von aktuell 10 TWh auf 180 TWh steigen.

Als führender Biomethanhändler in Europa ist sich der Geschäftsführer der Landwärme Elek Zoltan sicher, dass Wasserstoff und Strom für eine rechtzeitige Energiewende nicht ausreichen werden. Seiner Meinung nach braucht es den Dreiklang aus 100% erneuerbarem Strom, Wasserstoff und Biomethan, um die die benötigten Energiemengen bereitzustellen. Sogar Negativemissionen durch CO2-Abscheidung bei der Gasaufbereitung und weitere THG-Einsparungen je nach Biomasse sind möglich und erhöhen zusätzlich das Erlöspotential des Biomethans. Der massive Import von vermeintlich fortschrittlichem Biodiesel aus gebrauchtem chinesischem Speiseöl hat zum Verfall der THG-Quoten geführt und dem deutschen Biomethanmarkt stark geschadet – zukünftig müssen solche Ereignisse unterbunden werden.

Die Referenten des zweiten Vortragsblocks sahen Potential bis zu 300 TWh an Biomethan & Wasserstoff in Deutschland und waren sich einig, dass es ein schnelles, beherztes Vorgehen braucht, um dieses Potential auch zu nutzen. Dazu gehören z.B. auch die nötigen technischen Geräte, um Netzanschlussbegehren von Aufbereitungsanlagen möglichst schnell zu realisieren (Lieferzeit z.B. für Verdichter liegt aktuell bei etwa einem Jahr). Weiterhin müssen die Biomethanausschreibungen attraktiver gestaltet werden, etwa durch Erhöhen der Vollbenutzungsstunden, eine mögliche Umstellung auf Biomethan und die Anhebung der Höchstgebotsgrenze.

Biomethan im internationalen Handel

Zvonko Ikic, Vertreter der STX Group (Internationales Handelshaus erneuerbarer Energien) zeichnete ein positives Bild des Biomethanhandels – aktuell wird Biomethan gerade für den Einsatz im europäischen Emissionshandel (EU-ETS) zur THG-Minderung nachgefragt und auch im Gebäudeenergiegesetz (GEG) sieht er gute Absatzmöglichkeiten für Biomethan. Für 2025 rechnet er damit, dass Biokraftstoffe durch die Umsetzung der RED III wieder stärker nachgefragt werden und auch die THG-Quote wieder steigen wird. Potenzielle politische Änderungen machen eine Vorhersage jedoch schwierig.

Sven Schneider, Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Umweltbundesamt, erläuterte die Berücksichtigung von Biomethan in der Statistik der Erneuerbaren Energien und ging auf Schwierigkeiten beim Erfassen von Biomethan zur ausschließlichen Wärmeerzeugung und beim Außenhandel ein. Er stellte das Shares-Tool der EuroStat zur Vermeidung der Doppelanrechnung vor.

Einen Einblick in die Entwicklungen des französischen Biomethanmarkts gewährte Steffen Löbner von der EEX AG: In 2022 stieg die Biomethanproduktion um 61% auf 7 TWH, für 514 Aufbereitungsanlagen wurde der Netzanschluss realisiert und seit 2018 hat die Vermarktung von Herkunftsnachweisen immens zugenommen.

Wir empfehlen allen, die nicht dabei sein konnten, sich die spannenden Vorträge versierter Referenten zu aktuellen Entwicklungen, Tendenzen und Herausforderungen des deutschen Biomethanmarktes auf der jährlichen Biogaskonferenz nicht entgehen zu lassen.

Haben Sie Fragen oder Hinweise zum Thema? Wenden Sie sich gerne an Saskia Wollbrandt.

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