Neues EMAS-Nutzerhandbuch – angepasste Stichprobenbegutachtung

Am 03.11.23 wurde das neue EMAS-Nutzerhandbuch veröffentlicht. Wichtigste Neuerung ist das angepasste Stichprobenverfahren für Organisationen mit vielen Standorten (Multisite).

Die aktuelle Version des EMAS-Nutzerhandbuchs (Users Guide), welches durch die Europäische Union veröffentlicht wurde, enthält neben inhaltliche Neuerungen auch eine komplett neue Struktur. Diese Änderungen wurden auf Initiative des Umweltgutachterausschusses vorgenommen. Das Nutzerhandbuch orientiert sich nun stärker an den acht Schritten des deutschen EMAS-Leitfadens. Wichtigste inhaltliche Neuerung ist das angepasste Stichprobenverfahren, im Handbuch in Kapitel 7.2 erklärt.

Mit einem Inhaltsverzeichnis und vielen neuen Grafiken und Beispielen ist das Nutzerhandbuch zwar an Umfang gewachsen, aber auch die Benutzerfreundlichkeit hat sich verbessert.

Nachfolgend haben wir die einschlägigsten Anpassungen zusammengefasst.

Voraussetzung für die Anwendung des Stichprobenverfahrens (7.2.1.)

Beschränkte sich das Verfahren bis dato nur auf wenige, nicht produzierende Wirtschaftszweige, steht das Verfahren nun allen Branchen offen. Daher gelten ab jetzt branchenübergreifende Kriterien zur Anwendung von Multisite-Verfahren.

  • Standorte innerhalb einer Stichprobengruppe müssen vergleichbar sein, d.h.
    • aus demselben Mitgliedstaat
    • gleiche Art der Tätigkeit, gleiche Verfahren
    • gleicher Rechtsstatus, vergleichbare rechtliche Anforderungen
    • vergleichbare Umweltaspekte und -auswirkungen, vergleichbare Bedeutung der Umweltauswirkungen und vergleichbare Umweltmanagement- und -kontrollverfahren
  • Gruppen vergleichbarer Standorte „müssen in den internen Umweltbetriebsprüfungen und der Managementbewertung erfasst, und alle Standorte innerhalb der Gruppen müssen in der Umwelterklärung und im Register aufgeführt werden.“
  • Eingefasste Standorte „unterliegen der direkten Kontrolle, Autorität und Aufsicht der EMAS-registrierten Organisation“.
  • Das Umweltmanagement wird zentral kontrolliert und verwaltet, Standorte werden über das Umweltmanagement mit gesteuert.  

Voraussetzungen für den Ausschluss von Standorten aus dem Stichprobenverfahren (7.2.4.)

Zu beachten ist, dass nicht alle Organisationen und Standorte das neue Stichprobenverfahren anwenden können. Ausgeschlossen werden:

  • jene, die von Verwaltungsvereinfachungen oder anderen staatlichen materiellen Anreizen profitieren
  • Standorte in Drittländern
  • jene, die das Risiko bergen, durch Umweltunfälle ein lokales Umweltproblem zu verursachen
  • jene, die bestimmten Umweltrechtsvorschriften unterliegen, bspw. Industrieremissions-, Seveso-Richtlinie Rechtsvorschriften über besonders besorgniserregende Stoffe oder über die Bewirtschaftung gefährlicher Abfälle

Standorte, die in keine Gruppe (Cluster) passen, sind vom Stichprobenverfahren ausgeschlossen, müssen also einzeln begutachtet werden.

Vorgehensweise, Auswahl und Berechnung des Stichprobenverfahrens (7.2.5., 7.2.6., 7.2.7)

Die Organisation teilt zusammen mit dem verantwortlichen Umweltgutachter die ausgewählten und vergleichbaren Standorte in eine oder mehrere Gruppen (Cluster) ein. Die Einbindung des Umweltgutachters ist hier wichtig da er die Melde- und Rechtfertigungspflicht der Stichproben gegenüber der DAU besitzt.

Die Stichproben innerhalb der Cluster sollten so ausgewählt werden, dass der Umweltgutachter einen repräsentativen und umfassenden Überblick in die Umweltleistung der Organisation erhält. Bei der Auswahl der zu begutachtenden Standorte sind diverse Faktoren zu berücksichtigen. So sollten die Standorte beispielsweise gleichartig in Bezug auf ihre Größe, Tätigkeit, Prozesse, Umweltaspekte oder Komplexität sein. Die Stichprobengröße für jede Gruppe bzw. Cluster wird separat ermittelt. Zudem muss die Zentrale immer separat betrachtet werden.

Je Cluster gilt: Stichprobe = Wurzel aus der Anzahl der Standorte im Cluster (Aufrunden).

Die Standortauswahl pro Cluster erfolgt zu 50% durch zufällige Auswahl, zu 50% kann die Organisation Standorte selbst bestimmen.

Zu beachten ist außerdem, dass die Gesamte Stichprobengröße bei einer Erstvalidierung überprüft werden muss. Bei einer Revalidierung kann die Überprüfung auf die Jährliche Begutachtung (Revalidierung + Überwachungen) aufgeteilt werden.

Beispiele für die Berechnung von Stichproben für das vereinfachte Begutachtungsverfahren (Multisite). Quelle: https://www.emas.de/aktuelles/news/2023-users-guide

Fazit

Das neue branchenunabhängigere Stichprobenverfahren kann nun von deutlich mehr Unternehmen angewendet werden. Durch die Anpassung des Begutachtungsschlüssels müssen im Verhältnis nun weniger Standtorte vor Ort begutachtet werden. Dadurch sind Unternehmen mit vielen Standorten in der Lage, den Kosten- und Verwaltungsaufwand zu reduzieren.

Bislang liegen nur wenige Erfahrungswerte mit dem neuen Stichprobenverfahren vor, daher birgt es vorerst noch ein kleines Risiko.

Durch die Registrierung von Bundeseinrichtungen und das neue Energieeffizienzgesetz besteht erhöhte Nachfrage nach EMAS. Hürde für eine EMAS-Validierung bleibt daher, neben der geringen Anzahl erfahrener Beraterinnen und Berater, auch weiterhin die geringe Anzahl an Umweltgutachterinnen und Umweltgutachtern.

Bei Fragen zu EMAS oder der ISO 14001 wenden Sie sich an unser Umweltmanagement-Team Hannes Kaiser oder Antonia Schindler.

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