Die Revision der ISO 9001:2015 geht in die nächste Runde

Seit Kurzem ist es soweit: Der zweite Entwurf, der sogenannte DIS der Norm 9001:2015 (Draft of International Standard) wurde veröffentlicht. Der ursprünglich geplante Veröffentlichungstermin April 2014 wurde leicht überschritten, ein Grund dürfte nicht zuletzt der relativ große Umfang an Änderungen gegenüber dem CD (Committee Draft) sein.

Mit dieser Veröffentlichung zeichnet sich nun noch genauer ab, welche Änderungen die Überarbeitung der Internationalen Norm für Qualitätsmanagement nach sich ziehen wird und welche Verbesserungen sich für Unternehmen aus den Neuerungen ergeben. Die Grundlagen der neu eingeführten High Level Structure sind von der erneuten Überarbeitung nicht betroffen, auch die Änderungen einiger Begriffe haben keine inhaltlichen Auswirkungen.

Eine kurze Übersicht zu den wesentlichen Änderungen der ISO 9001:2015 hat die GUTcert bereits in ihrem Newsletter im März 2014 dargestellt. Nachfolgend nun einige Bemerkungen dazu:

Kontext der Organisation und interessierte Kreise (4.2)

Neben dem risikobasierten Ansatz ist dies das zweite wesentliche neue Konzept der ISO 9001. Dahinter steht die Erkenntnis, dass für das Aufrechterhalten der Lieferfähigkeit einer Organisation mehr notwendig ist, als nur die Betrachtung von Kunden und Lieferanten. Es müssen jedoch trotzdem ausschließlich Stellen und Anforderungen berücksichtigt werden, die relevant sind für die Qualität von Produkten und Dienstleistungen.

Einführung eines risikobasierten Ansatzes durch explizites Ermitteln von Chancen und Risiken (6.1)

Der aus dem Annex SL übernommene Text wurde nicht wesentlich verändert, es wird aber im DIS stark betont, dass die Risikobetrachtung nur für die Bereiche durchgeführt werden soll, die relevant sind für die Qualität der gelieferten Produkte und Dienstleistungen.

Überarbeitung der Anforderungen an Mess- und Prüfmittel (7.1.5)

Neu ist hier vor allem das Konzept, dass nicht mehr nur die eigentlichen Mess- und Prüfmittel zu lenken sind, sondern alle zur Messung und Prüfung erforderlichen Ressourcen überwacht werden müssen.

Zu diesem Punkt enthielt der CD bisher nur sehr wenige Forderungen – insgesamt nur 4 Zeilen Text. Das war vielen wohl doch zu wenig, vor allem war der Bezug zur Kalibrierung bisher nur in einer Anmerkung versteckt. Aber auch in der neuen Fassung lässt der DIS deutlich mehr Freiheiten für die Überwachung. So ist bspw. Kalibrierung zukünftig nur dann erforderlich, wenn eine Rückverfolgbarkeit der Prüfergebnisse gefordert ist. Sonst ist nur sicherzustellen, dass die Ressourcen „fortlaufend geeignet“ sind.

Wissensmanagement als neue Forderung der Norm (7.1.6)

Hier wurde der Text des CD lediglich durch Anmerkungen ergänzt.

Anforderungen an die Produktentwicklung (8.3)

Nachdem im CD vom alten Konzept fast nichts mehr übrig geblieben ist, hat der DIS jetzt wieder eine deutliche Annäherung an die alte ISO 9001 vollzogen. So sind bspw. Verifizierung und Validierung wieder aufgeführt, auch andere Teile (Entwicklungseingaben, Entwicklungsergebnisse) der alten Norm wurden wieder übernommen.

Neu – und für viele Anwender sicherlich sehr hilfreich – ist eine Beschreibung, unter welchen Voraussetzungen denn Entwicklung überhaupt notwendig wird.

Aber auch nach dem jetzigen Stand lässt die ISO 9001:2015 eine flexiblere Herangehensweise an den Entwicklungsprozess zu, auch wenn die sehr großen Freiheiten des CD wieder etwas gestutzt wurden.

Neues Konzept für Lieferanten und ausgelagerte Prozesse (8.4)

Das im CD präsentierte neue Konzept wurde noch etwas ausführlicher ausgearbeitet. Hinzu kam auch hier eine Beschreibung, welche Arten von extern bezogenen Produkten und Dienstleistungen durch die Norm abgedeckt werden.

Anforderungen an die Dokumentation

Nachdem die ISO 9001 seit langer Zeit eine strikte Unterscheidung zwischen „Dokumenten“ und „Aufzeichnungen“ propagiert hat, sind nun beide Kategorien in der „dokumentierten Information“ vereinigt. Allerdings gab es im CD nur sehr wenige verbindliche Vorgaben, welche dokumentierten Informationen wirklich vorhanden sein müssen. Bei Zertifizierungsaudits wäre es schwierig geworden, ausreichend objektive Nachweise für die Wirksamkeit des QM-Systems zu finden.

Das hat offenbar auch die ISO gesehen, daher sind nun im DIS wieder Forderungen zu finden, welche dokumentierten Informationen gelenkt (also als dokumentierte Verfahrensanweisung vorhanden) und welche aufbewahrt werden müssen (als Aufzeichnung).

Bei den Aufzeichnungen gibt es kaum Unterschiede zur ISO 9001:2008, nur bei den zu dokumentierenden Verfahren ist die Ermittlung der Anforderungen an Produkt bzw. Dienstleistung (8.2.2) hinzugekommen, dafür sind andere weggefallen.

Weitere Vorgehensweise

Die Veröffentlichung der endgültigen ISO 9001:2015 ist für September 2015 geplant. Noch im Juli 2015 soll jedoch der Final Draft (FDIS) veröffentlicht werden, an dem dann aber keine inhaltlichen Veränderungen mehr zulässig sind. Ob dieser Zeitplan eingehalten werden kann, erscheint nach den umfangreichen Änderungen im DIS doch fraglich. Eine Verschiebung in das Jahr 2016 hinein aber wird es aller Voraussicht nach nicht geben, die ISO hat sich eindeutig auf 2015 festgelegt.

Als Übergangsfrist für die Einführung der Norm werden drei Jahre erwartet.

Die GUTcert wird in ihren Newslettern detailliert über die Änderungen und den daraus resultierenden Änderungsbedarf für zertifizierte Qualitätsmanagementsysteme informieren. Ergänzend dazu sind im Schulungsprogramm der GUTcert Akademie Informationsveranstaltungen zur ISO 9001:2015 und Kurse zur praktischen Anwendung der neuen Konzepte geplant.

Nach Veröffentlichung der Entwürfe zu den Revisionen der Umweltmanagementnorm ISO 14001 und der Norm für Arbeitssicherheit BS OHSAS – der zukünftigen ISO 45001 – wird das Schulungsangebot der GUTcert Akademie auch entsprechend dieser Normstandards erweitert.

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