Gefährdet die AwSV die Existenz bestehender Biogasanlagen?

Mitte Juli 2015 wurde bei der EU das Notifizierungsverfahren für die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) eingeleitet – Inkrafttreten der AwSV Anfang 2016 möglich.

Bisher geltende Länderverordnungen sollen durch die AwSV ersetzt und existierende Verpflichtungen von Anlagenbetreibern zum Schutz der Gewässer auf einen bundesweit einheitlichen Sicherheitsstandard angeglichen werden. Wiederholt auftretende Unfälle bei Biogasanlagen in den vergangenen Jahren haben mit dazu geführt, dass erstmals auch Anforderungen für Biogas- und JGS-Anlagen (Einrichtungen zur Lagerung und Behandlung von Jauche, Gülle und Sickersäften) formuliert werden. Das wird, vornehmlich für Betreiber von Biogasanlagen, weitreichende Folgen haben – nicht nur nach Ansicht des Fachverbands Biogas.  

Deutlich wird dies schon bei der Begriffsbestimmung „Biogasanlage“. Demnach gelten nicht mehr nur Fermenter und Nachgärer als Teil einer Biogasanlage, sondern auch Vorlage- und Kondensatbehälter, Gärsubstrat- und Gärrestlager (sofern ein räumlicher und funktionaler Zusammenhang besteht) sowie dazugehörige Abfüllplätze. Diese „neuen“ Bestandteile einer Biogasanlage müssen die Auflagen der AwSV natürlich ebenso erfüllen.

Besonders an die Kapazität von Gärrestlagern werden zukünftig erhöhte Anforderungen gestellt. Dabei geht es vor allem darum, eine sachgemäße Ausbringung der Gärreste zu pflanzenbaulich sinnvollen und für den Gewässerschutz verträglichen Zeiten zu gewährleisten. Erreicht werden soll dieses Ziel mit einem vergrößerten Volumen des Gärrestlagers, das anfallende Gärreste über einen Zeitraum von 9 Monaten aufnehmen können muss. Bestandsanlagen sollen diese Forderung innerhalb von 5 Jahren umsetzen, neue Anlagen bei Inbetriebnahme.

Zu der Volumenvergrößerung des Gärrestlagers wird auch das Entwässern Pflicht. Mit Gärsubstraten oder Gärresten verunreinigtes Niederschlagswasser fällt überwiegend auf offenen Lagerflächen und Abfüllflächen an. Dieses muss ordnungsgemäß als Abwasser/ Abfall entsorgt werden, soweit keine Verwendung zum Düngen möglich ist.

In Abhängigkeit der eingesetzten Substrate werden die Biogasanlagen zusätzlich unterschiedlich beurteilt. Bei Anlagen, die ausschließlich mit Gärsubstraten landwirtschaftlicher Herkunft umgehen, müssen einwandige Lager mit einem Leckageerkennungssystem ausgerüstet und eine Umwallung der Anlage gewährleistet werden. Anlagen, die auch andere Stoffe als Gärsubstrate landwirtschaftlicher Herkunft verwenden, müssen die Vorgaben des AwSV dagegen in vollem Umfang erfüllen. Auch diese Bedingungen sollen innerhalb von 5 Jahren umgesetzt werden.

Für JGS-Anlagen, die zunächst nicht durch die AwSV berücksichtigt wurden, sind nun ebenfalls Vorschriften erlassen worden. So müssen einwandige Lager mit einem Volumen über > 25 m³ Leckageerkennungn nachrüsten und für eine ordnungsgemäße Entwässerung sorgen. Ebenso wird eine Fachbetriebspflicht eingeführt, die nicht nur JGS- sondern auch Biogasanlagen und sowohl Bestands- als auch Neuanlagen betrifft. Somit dürfen nur noch zertifizierte Fachfirmen Bauarbeiten durchführen, instandsetzen, (innen) reinigen und stillegen.

Um alle diese Forderungen durchzusetzen und zu überwachen, müssen abschließend Dichtheit und Funktionsfähigkeit durch Sachverständige geprüft werden. Dabei gelten unterschiedliche Regularien für Biogas- und JGS-Anlagen. Biogasanlagen sind in Abhängigkeit eines Gesamtvolumens (Summe der Volumina aller Teilanlagen) ab 1000 m³ alle 5 Jahre prüfpflichtig. Die Prüfung von JGS-Anlagen ist dagegen vom Datum der Inbetriebnahme abhängig: Ältere Anlagen werden aufgrund meist höherer Sicherheitsrisiken vor neueren Anlagen geprüft.

Zusammenfassend gilt, dass durch die neuen gesetzlichen Bestimmungen zusätzliche finanzielle Belastungen und bauliche Maßnahmen auf die Betreiber von Biogas- und JGS-Anlagen zukommen werden. Wann und in welcher Form die seit 2010 in einem ersten Entwurf vorgestellte und seither heiß diskutierte Verordnung letztendlich in Kraft tritt, bleibt abzuwarten.

Inhaltliche Fragen oder Hinweise zu diesem Thema richten Sie bitte an
Herrn Thomas Gebhardt, Tel. +49 30 2332021- 43, thomas.gebhardt@gut-cert.de

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