Francotyp-Postalia setzt auf neue Normen

Bericht aus der Praxis eines erfahrenen Systembeauftragten für integrierte Managementsysteme

Seit der Gründung als Frankiermaschinenhersteller im Jahr 1923 hat sich Francotyp-Postalia (FP) zu einem erfolgreichen Mail-Management Unternehmen mit rund 1.000 Mitarbeitern entwickelt. Die Produktpalette der FP-Gruppe umfasst mittlerweile die gesamte Wertschöpfungskette im Bereich Postausgangsbearbeitung. In Deutschland und Österreich Marktführer hat FP einen weltweiten Marktanteil von 9,9% und rund 260.000 Kunden.

Am Standort Berlin-Pankow (Entwicklung, Vertrieb, Service und Verwaltung) arbeiten 200 Mitarbeiter. Von hier aus werden seit 2014 die zentralen Vorgaben für ein integriertes Managementsystem gesteuert. Zur Unternehmensgruppe gehören in Deutschland neben Pankow die Standorte Birkenwerder, Wittenberge (Produktion), Achim (Zentralwerkstatt) und die Standorte für die digitale und physische Briefverarbeitung (FP iab - internet access GmbH, freesort GmbH und mentana-Claimsoft GmbH).

Im Jahr 2004 nahm FP die Herausforderung an, die verschiedenen Prozesswelten angemessen in ein Gesamtkonzept zu integrieren. Dabei wurde von Beginn an nicht das Erfüllen von Normanforderungen fokussiert, sondern die Steigerung der Effektivität und Effizienz der internen Prozesse. Hierbei war es natürlich hilfreich, im Hintergrund immer die grundsätzlichen Anforderungen der ISO 9001 im Auge zu behalten: Die in den Jahren 2004 bis 2006 im Unternehmen entwickelte Prozessdokumentation bildet heute immer noch den Kern der Geschäftsprozesse ab.

Die ersten Kundenanforderungen nach einem zertifizierten Qualitätsmanagementsystem kamen im Jahr 2006. Da jedoch die gesamte Dokumentation bereits auf Basis der tatsächlich gelebten Prozesse aufgebaut war, mussten im zweiten Schritt nur noch die Wechselbeziehungen mit der seinerzeit geltenden ISO 9001:2000 dokumentiert und die Mitarbeiter auf bevorstehende Audits vorbereitet werden. Ergänzt wurden im Wesentlichen nur noch interne Audits und das Management-Review.

Da die ersten Entwürfe der ISO 9001:2008 bereits 2007 verfügbar waren, konzentrierte sich FP für die bevorstehende Re-Zertifizierung gleich darauf die Normänderungen und zählte im Jahr 2009 mit zu den ersten Unternehmen, die sich erfolgreich nach ISO 9001:2008 zertifizieren ließen. In den folgenden Jahren wurden die Compliance und der Umweltschutz für FP immer wichtiger: Auf Basis der bestehenden Managementdokumentation wurde daher zunächst das Thema Umweltschutz integriert und eine Katasterpflege inkl. Rechtsquellen aufgebaut. Speziell die Forderung nach einem Verfahren zur Ermittlung von Umweltaspekten der ISO 14001:2004 bot hier eine wichtige Schnittstelle - auch im Nachgang, für die Normen, die nun auf der High Level Structure (HLS) basieren.

Seit 2012 ist das Managementsystem der FP nach ISO 9001, 14001 und BS OHSAS 18001 von der GUTcert zertifiziert, und da von Beginn an integriert dokumentiert wurde, konnte FP in den folgenden Jahren relativ einfach neue Normanforderungen effektiv und effizient umsetzen. Auch die Normrevisionen ISO 9001:2015 und ISO 14001:2015 waren für das Unternehmen keine große Herausforderung und so konnte es als eines der Ersten nach diesen Standards zertifiziert werden und ist bereits gut gerüstet für eine Zertifizierung nach ISO 45001:2016 (vorher BS OHSAS 18001).

Wo musste FP seine Prozesse überhaupt noch anpassen? Natürlich bei den Referenzen. Die Normkapitel sind neu strukturiert und mussten daher auch den Prozessen neu zugeordnet werden. Die einheitlich aufgebaute HLS vereinfachte dies jedoch erheblich.  

Auch der interne und externe Kontext des Unternehmens wurde überprüft und eindeutiger definiert. Die Betrachtung der Zielgruppen wurde dabei nur geringfügig angepasst, da FP bereits frühzeitig die Übersicht der Umweltaspekte um Systemaspekte erweitert hatte. Hier werden Aspekte/Gefährdungen und Risiken als Tätigkeit mit Auswirkungen auf die Schutzziele jährlich bewertet und klassifiziert: Risiken nach Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkung. Anhand der Ergebnisse werden jährliche Ziele gesetzt. Chancen und Risiken wurden jedoch auch schon in den vergangenen Jahren u.a. in internen SWOT-Audits erfasst und der gesamte Leistungsindex der Prozesse wird kontinuierlich im zentralen IMP-Controlling überwacht. Der Kreis der Stakeholder resultiert aus Geschäftsprozessen und Systemaspekten.

Das integrierte Managementsystem von FP wird gelebt und stetig erweitert. Natürlich gibt es immer wieder neue Ideen zur Steigerung von Effektivität und Effizienz der Abläufe, die auch Nachbesserungen erfordern. So optimiert FP derzeit seine Informationssicherheit (ISO/IEC 27001) und das Energiemanagement (ISO 50001): Je nach Gesetz oder Kundenanforderungen werden auch diese im laufenden und den nächsten Jahren zertifiziert.

Fazit:
Für FP ist integriertes Management das zielführende Instrument für das Verbessern von Geschäftsprozessen. Und es hat sich eindeutig ausgezahlt, dass die oberste Leitung von Beginn an darauf gesetzt hat, die eigenen Prozesse zu dokumentieren und keine Anlehnung an Normkapitel zu forcieren. So musste die Dokumentation bei Normanpassungen nur ergänzt, nie aber neu beschrieben werden. Voraussetzung ist die enge Zusammenarbeit des Vorstands mit dem IMS-Beauftragten und seinem Team. Das, was die Normreihen mit der HLS erreichen wollen - ein praxisnahes und erlebbares Managementsystem - musste bei FP nicht mehr eingeführt, sondern nur ergänzt werden.

Lutz Redlinger
IMS-Beauftragter (Francotyp-Postalia)

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