Was lange währt, wird endlich gut?

Gastbeitrag von RA Eva Schreiner, RITTER GENT COLLEGEN Rechtsanwälte PartG mbB

Abgrenzung von Drittmengen und Entlastung von der EEG-Umlage für KWK-Neuanlagen seit 9. November 2018 im sog. Energiesammelgesetz (EnSaG) geregelt

Industrie und Dienstleistungsunternehmen haben lange auf die gesetzlichen Neuregelungen gewartet, die zum einen die Abgrenzung von Drittmengen erleichtern und zum anderen die Entlastung von der EEG-Umlage für KWK-Neuanlagen regeln sollen. Am 9. November nun passierte das Energiesammelgesetz (EnSaG) die erste Lesung im Bundestag.

I.    Abgrenzung von Drittmengen

Sind die Neureglungen für Sie relevant?

Die Regelungen betreffen Ihr Unternehmen, wenn dieses entweder eine Begrenzung der Netzumlagen (KWKG-Umlage, 19 II StromNEV-Umlage, Offshore Haftungs-Umlage) in Anspruch nimmt oder eine Begrenzung der EEG-Umlage nach der Besonderen Ausgleichsregelung.

Ebenfalls relevant sind die Neuregelungen, sofern Ihr Unternehmen EEG-umlagefreien oder umlagereduzierten Eigenstrom aus einer Eigenerzeugung verbraucht. Denn all diese Entlastungstatbestände haben gemeinsam, dass die jeweiligen Begrenzungen nur für den selbst verbrauchten Strom in Anspruch genommen werden dürfen. Falls das Unternehmen auch Dritte mit Strom versorgt (z. B. Kantine, Werkvertragsnehmer, Bauunternehmen etc.), müssen die betreffenden Strommengen abgegrenzt und von der Entlastung ausgenommen werden.

In der Vergangenheit bestand der Grundsatz, dass diese Drittstrommengen per geeichter Messung abzugrenzen sind. Konnte diese Voraussetzung nicht erfüllt werden, bestand das Risiko, dass die oben genannten Entlastungstatbestände nicht in Anspruch genommen werden konnten.
Inwieweit soll ein neues Gesetz hier Abhilfe schaffen?

Die bisherigen Gesetzentwürfe enthalten für das EEG eine Neuregelung des § 62a EEG. Nach dieser Regelung sind im Grundsatz selbst verbrauchte und die an Dritte weitergeleiteten Strommengen auch weiterhin durch mess- und eichrechtskonforme Messeinrichtungen zu erfassen und voneinander abzugrenzen.

Von diesem Grundsatz sind aber Ausnahmen vorgesehen:

Zunächst werden für Drittstromverbräuche erstmals sogenannte Bagatellmengen geregelt. Diese Bagatellmengen sind nicht als Drittverbräuche abzugrenzen, sondern können dem Eigenverbrauch zugerechnet werden.

Außerdem wird die Möglichkeit von Schätzungen geregelt. Diese Schätzmöglichkeit besteht zunächst für die Vergangenheit und für eine Übergangszeit. In bestimmten Fällen können Drittmengen auch in der Zukunft geschätzt werden. Die Inanspruchnahme all dieser Schätzmöglichkeiten ist an zahlreiche Voraussetzungen geknüpft. So müssen umfangreiche und fristgebundene Meldepflichten erfüllt werden. Im Rahmen dieser Meldepflichten ist bereits in 2019 ein Messkonzept vorzulegen. Ab 2020 ist der Nachweis zu erbringen, dass die an Dritte weitergeleiteten Strommengen durch mess- und eichrechtskonforme Messeinrichtungen erfasst und abgegrenzt werden, sofern nicht weiterhin die Voraussetzungen für eine Schätzung vorliegen.

Außerdem soll es Erleichterungen geben, was den Umgang mit Drittmengen im Zusammenhang mit dem Eigenstromprivileg und den Nachweis an die sogenannte Zeitgleichheit nach dem ¼ h Maßstab angeht. Bislang bestand das Risiko, dass auch kleine Drittstrommengen die Privilegierung für den kompletten Eigenstromsee entfallen lassen.

Hier sieht der aktuelle Gesetzesentwurf eine pragmatische Lösung über die sogenannte gewillkürte Nachrangregel vor. Das Unternehmen hat in diesem Modell die Wahl, entweder eine ¼ h Zuweisung vorzunehmen oder die Strommengen, die an Dritte geliefert werden, auf die Eigenerzeugung anzurechnen und auf diese Mengen dann die volle EEG-Umlage zu zahlen.

II.    Reduzierung der EEG-Umlage bei der Eigenversorgung aus hocheffizienten KWK-Anlagen

Im EnSaG soll auch die Reduzierung der EEG-Umlage bei der Eigenversorgung aus hocheffizienten KWK-Anlagen mitgeregelt werden. Nachdem die Europäische Kommission die Vorgängerregelung ab Januar 2018 nicht weiter genehmigt hatte, war hier eine Neuregelung erforderlich. Die aktuelle Regelung ist wesentlich komplexer und gewährt eine Reduzierung auf 40% der EEG-Umlage nur noch unter bestimmten Voraussetzungen.

Inhalt

Auf 40% der EEG-Umlage soll zunächst der Eigenstrom insbesondere aus den folgenden Anlagen reduziert werden:

  • KWK-Neuanlagen (Nutzung zur Eigenversorgung ab 1. August 2014) mit einer Größe unter 1 MW
  • KWK-Neuanlagen (Nutzung zur Eigenversorgung ab 1. August 2014) mit einer Größe über 10 MW
  • KWK-Neuanlagen (Nutzung zur Eigenversorgung ab 1. August 2014) in der stromkostenintensiven Industrie

Für Strom jenseits des oben beschriebenen Segments wird eine reduzierte EEG-Umlage in Abhängigkeit von der Anlagengröße und der Benutzungsstundenzahl gewährt. Grundsätzlich bleibt es bei einer auf 40% reduzierten EEG-Umlage, sofern die Anlagen weniger als 3.500 Vollbenutzungsstunden im Jahr eingesetzt werden. Für Anlagen mit einer höheren Auslastung steigt die durchschnittliche Umlage kontinuierlich an, so dass bei mehr als 7.000 Vollbenutzungsstunden dann 100% EEG-Umlage zu zahlen ist.

Diese Regelungen sollen rückwirkend ab 1. Januar 2018 greifen. Sofern im laufenden Jahr zu viel EEG-Umlage gezahlt wurde, sollen diese Umlagen zurückgewährt werden.

Außerdem soll eine abgestufte Übergangsregelung geschaffen werden für KWK-Neuanlagen, die zwischen dem 1. August 2014 und Ende 2017 errichtet wurden. Danach sind die genannten Umlagepflichten in vollem Umfang erst ab 2019 bzw. 2020 zu erfüllen.

Zeitplan des gesamten Energiesammelgesetzes

Ziel ist es, dass das Gesetz zum 1. Januar 2019 in Kraft tritt. Um das zu erreichen, muss das Gesetz noch im November durch den Bundestag beschlossen werden.

Veranstaltungshinweise

Wenn Sie zu diesem Thema ein Praxisseminar besuchen möchten, schauen Sie gern bei der auf das Energierecht spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei von Ritter Gent Collegen in Hannover vorbei. Am 5. Dezember 2018 wird dort ein Workshop zur Drittmengenabgrenzung nach novelliertem EEG mit dem Schwerpunkt Eigenerzeugung angeboten.

Am 6. Dezember 2018 gibt es einen Workshop zur Drittmengenabgrenzung mit dem Schwerpunkt Besondere Ausgleichsregelung. Zur Anmeldung geht es hier.

Autorin des Beitrags:
Rechtsanwältin Eva Schreiner
RITTER GENT COLLEGEN Rechtsanwälte PartG mbB

Fragen zum Thema beantwortet Ihnen gerne Herr Nico Behrendt, Tel.: +49 30 2332021-81.

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