Überarbeitung der CSR Richtlinie

Seit Januar 2020 wird die EU Corporate Social Responsibility (CSR) Richtlinie überarbeitet. Was sind die Ziele der Überarbeitung, wie läuft sie ab und was kommt auf die Unternehmen zu?

Was ist die CSR-Richtlinie?

Die CSR Richtlinie (Non-Financial Reporting Directive, 2014/95/EU) wurde 2014 durch das europäische Parlament und die Mitgliedstaaten der EU verabschiedet. Sie soll dazu dienen, die Transparenz bezüglich ökologischer und sozialer Aspekte von Unternehmen in der EU zu erhöhen, insbesondere mit Blick auf die vier Nachhaltigkeitsbereiche: Umwelt, soziale und Arbeitnehmerfragen, Menschenrechte sowie Bestechung und Korruption.

Mit dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) ist die Richtlinie seit 2017 auch in Deutschland im nationalen Recht verankert. Kapitalmarktorientierte Unternehmen, Genossenschaften, Kreditinstitute, Finanzdienstleister und Versicherungsunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden und einer Bilanzsumme von über 40 Mio. Euro bzw. einem Umsatz von über 20 Mio. Euro sind durch das CSR-RUG zu einer erweiterten, nicht-finanziellen Berichterstattung verpflichtet.

So wurde ein gewisser Druck auf große Unternehmen ausgeübt, die sich bis zum Jahr 2017 der Nachhaltigkeitsberichterstattung noch nicht gestellt hatten, jedoch auf Grund ihrer Größe bzw. des öffentlichen Interesses zweifellos soziale Verantwortung gegenüber der Gesellschaft tragen. Die fünf CSR-relevanten Pflichthemen sollen eine stärkere strategische Relevanz und Gewichtung in Unternehmen bekommen: Vorstände und Aufsichtsräte verantworten das Erarbeiten von glaubwürdigen Konzepten, Maßnahmen und deren Ergebnisse.

Warum die Überarbeitung?

Das CSR-RUG wurde in Fachkreisen von Anfang an u.a. an folgenden Stellen kritisiert:

  • Das ursprüngliche CSR-Richtlinienziel – die Transparenz in der Wirtschaft zu verbessern – scheiterte zu einem gewissen Maß an der Definition der betroffenen Kreise: Die Einschränkungskriterien „kapitalmarktorientiert“ und im Fokus des „öffentlichen Interesses“ reduzierten die Anzahl der Berichtspflichtigen auf ca. 600 in Deutschland – statt den ca. 6000 potenziell betroffenen großen Unternehmen mit entsprechenden Mitarbeiterzahlen und/oder der finanziellen Leistung.
  • Dem CSR-RUG nach ist eine Wesentlichkeitsanalyse der einzelnen Aspekte in Bezug auf den Geschäftsverlauf, das Geschäftsergebnis, die Lage der Kapitalgesellschaft und die Auswirkungen der Tätigkeit durchzuführen. Die Wesentlichkeitsbestimmung orientiert sich dabei als Risikoausmaß an erheblichen finanziellen Schwellenwerten (3-10% der EBIT). Dies führt oft dazu, dass wesentliche Themen im Sinne der freiwilligen Nachhaltigkeitsberichterstattung (GRI SRS oder DNK) in den nicht-finanziellen Erklärungen als freiwillig eingestuft und daher teilweise nicht berichtet werden.
  • In der Praxis unterscheiden sich die materiell wichtigsten nicht-finanziellen Inhalte häufig von Branche zu Branche. Eine Wesentlichkeitsanalyse sollte daher in jedem Fall branchenspezifisch erfolgen. Diese branchenspezifische Fokussierung ist bislang weder in der CSR-Richtlinie noch in der RUG-Umsetzung adressiert und wird auch in den aufgeführten Rahmenwerken nur teilweise thematisiert.
  • Eine weitere Lücke bei der Veröffentlichung der relevanten Kennzahlen (KPIs, Key Performance Indicators) für nicht-finanzielle wesentliche Themen: Die gängigen KPIs der GRI SRS oder des DNK werden zwar oft angewendet (diese Rahmenwerke wurden für das Erfüllen der Berichtspflichten von der EU-Kommission anerkannt), dienen jedoch ausschließlich zur Orientierung und stellen nur wenige branchenspezifische Kennzahlen zur Verfügung.


In dem im Dezember 2019 vorgestellten European Green Deal verpflichtete sich die EU-Kommission zu einer Überarbeitung der CSR Richtlinie. Dabei soll sichergestellt werden, dass die in der Praxis aufgedeckten Mängel der Berichterstattung zu nicht-finanziellen Themen beseitigt werden.

Was ist bisher passiert?

Im Januar 2020 stellte die EU-Kommission einen Fahrplan für die Überarbeitung der Richtlinie vor und gab der interessierten Öffentlichkeit die Möglichkeit, bis Ende Februar Feedback zu der Initiative zu geben. Zwischen Februar und Juni fand anschließend eine öffentliche Konsultation statt. Die Umfrage beinhaltete 45 Fragen zu acht verschiedenen Themenbereichen:

  1. Qualität und Umfang der offenzulegenden nicht-finanziellen Informationen
  2. Standardisierung der Berichterstattung
  3. Anwendung des Grundsatzes der Wesentlichkeit
  4. Prüfungspflicht und Prüfungsumfang
  5. Digitalisierung
  6. Format der Berichterstattung (Bestandteil des Lageberichts vs. gesonderter Bericht)
  7. Anwendungsbereich der Berichtspflicht
  8. Vereinfachung und Reduzierung des Verwaltungsaufwands für die Unternehmen

An der Umfrage nahmen über 500 interessierte Personen und Unternehmen teil. Die Ergebnisse der Umfrage bestätigten u.a. die von den Fachkreisen gespiegelten Kritikpunkte. Dabei wurde von den Teilnehmenden unter anderem bemängelt, dass die durch die Unternehmen zur Verfügung gestellten Informationen zu ihrer eigenen Nachhaltigkeit schwer vergleichbar und wenig verlässlich seien. Ein Großteil der Befragten war der Meinung, dass ein gemeinsamer Standard für Unternehmen die Probleme lösen könnte. Von Seiten der Unternehmen wurde außerdem kritisiert, dass häufig Probleme bei der Entscheidung aufträten, welche Informationen gemeldet werden sollen. Sowohl Lesende von Nachhaltigkeitsberichten als auch Berichtspflichtige betonten die Notwendigkeit konkreterer und detaillierterer Definitionen, welche nicht-finanziellen Informationen offengelegt werden sollten.

Die Europäischen Finanzaufsichtsbehörden (ESAS) veröffentlichte am 11. Juni 2020 ihre Antworten auf die Konsultation in einem Brief und warb um das Mandat zur Entwicklung eines technischen Regulierungsstandards. EU-Kommissions-Vizepräsident Dombrovskis hat nun die Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) mit der Aufgabe betraut, Umfang, Inhalt und Struktur eines nicht-finanziellen Reporting Standards zu erarbeiten, der von allen europäischen Unternehmen (auf Ebene des Einzelunternehmens) in periodischen Offenlegungen angewendet werden soll.

Wie geht es weiter?

Ein erster Zwischenbericht der EFRAG zu den Vorbereitungen eines nicht-finanziellen Reporting Standards wird im Oktober 2020 erwartet. Der Gesetzentwurf der EU-Kommission einer überarbeiteten Version der CSR-Richtlinie war ursprünglich für das vierte Quartal 2020 geplant, wurde jedoch aufgrund der aktuellen Lage auf Januar 2021 verschoben. Ein finaler Bericht der EFRAG wird daher im ersten Quartal 2021 erwartet, gefolgt von einem Entwurf für einen nicht-finanziellen Reporting Standard im Juni 2022. Die tatsächliche Verabschiedung der neuen CSR Richtlinie ist für das dritte Quartal 2022 vorgesehen.

Haben Sie Fragen oder Hinweise zum Thema Nachhaltige Unternehmensführung und Nachhaltigkeitsberichterstattung? Wenden Sie sich gerne an Yulia Felker oder Elisabeth Gebhard.

Lesetipp:

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