Delegierte Verordnung der EU für erneuerbaren Wasserstoff endlich in Kraft

Erstmals sind einheitliche Anforderungen an erneuerbaren Wasserstoff definiert. Es gelten zwar Einschränkungen und Übergangsregelungen, die Tragweite ist dennoch groß.

Nach jahrelanger Diskussion ist der lang erwartete und im Februar vorgelegte Entwurf der delegierten Verordnung am 10. Juli 2023 in Kraft getreten.

„Flüssige und gasförmige erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs für den Verkehr“ oder, in der geläufigen englischen Abkürzung RFNBO, ist der sperrig formulierte Gegenstand der delegierten Verordnung (EU) 2023/1184 der Kommission, die als Ergänzung zur RED II formuliert wurde. Gemeint ist hier hauptsächlich per Elektrolyse hergestellter Wasserstoff und seine Derivate zur Nutzung im Verkehrssektor.

Die in der delegierten Verordnung (Delegated Act oder kurz: DA) formulierten Kriterien sind de facto Kriterien an den Bezug des zur Elektrolyse genutzten Stroms und sind im Kern seit Februar bekannt. Besonders relevant sind hierbei die in Artikel 4 enthaltenen Regelungen für aus dem Netz bezogenen Strom:

1. 90-%-Regelung:

Befindet sich der Elektrolyseur in einer Gebotszone, in der der durchschnittliche EE-Stromanteil im letzten Kalenderjahr 90% überstieg, gilt der erzeugte Kraftstoff als vollständig erneuerbar.

2. 18-g-CO2eq/MJ-Regelung:

Ist Regelung 1 nicht erfüllt, gilt in solchen Gebotszonen erzeugter Kraftstoff auch als erneuerbar, in denen die Emissionsintensität der Stromerzeugung unter 18 g CO2eq/MJ liegt und wenn

  • i. ein PPA geschlossen wurde, sowie
  • ii. die Bedingungen an zeitliche und räumliche Korrelation aus Artikeln 6 und 7 erfüllt werden.

3. Redispatch-Regelung

Hätte eine erneuerbare Strommenge einem Redispatch unterlegen und ist stattdessen für die Erzeugung des Kraftstoffs genutzt worden, so gilt dieser Kraftstoff auch als erneuerbar.

4. Sind die obigen Voraussetzungen nicht erfüllt, gelten Voraussetzungen an

  • i. Zusätzlichkeit,
  • ii. zeitliche Korrelation und
  • iii. geographische Korrelation

Diese sind in den Artikeln 5 bis 7 konkretisiert.

Für Projekte in Deutschland sind insbesondere die Voraussetzungen in Punkt 4 interessant.

Relevanz auch außerhalb des Verkehrssektors

Zwar gelten die im DA angeführten Kriterien zunächst nur für die Nutzung im Verkehrssektor. Eine zeitnahe Novellierung der 37.BImSchV zur Umsetzung des DA wurde bereits im Frühjahr vom BMUV angekündigt. Die Erfüllung der Kriterien ist jedoch in zahlreichen Förderprogrammen auch unabhängig vom Anwendungssektor bereits jetzt Pflicht und eine Ausweitung auf andere Sektoren ist zu erwarten. Daher ist das Erfüllen der Kriterien im DA im Sinne der Zukunftsfähigkeit auch unabhängig vom Sektor anzuraten. 

Nachweisführung noch unklar

Die Nachweis- und Zertifizierungsverfahren zu den Kriterien des DA werden derzeit noch ausgearbeitet. In Artikel 9 sind analog zu biogenen Kraftstoffen die freiwilligen Systeme gemäß Artikel 30 Absatz 4 der RED II genannt. Es ist mit einer Nachweisführung und Zertifizierung entsprechend BioKraft-NachV zu rechnen. Das System ISCC strebt beispielsweise eine Zulassung als freiwilliges System an.

In der Zwischenzeit unterstützt die GUTcert als Umweltgutachterorganisation auch mit individuellen Prüfungsleistungen im Zusammenhang mit erneuerbarem Wasserstoff. Wenden Sie sich bei Fragen gern und unverbindlich an Andre Klunker.

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