Update zur Nachhaltigkeitsberichtspflicht in der EU (CSRD) – was nun?

Das EU-Parlament und der Rat der EU haben am 21. Juni 2022 eine vorläufige Einigung zur neuen „Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen“ (Corporate Sustainabilty Reporting Directive – CSRD) erzielt. Was ist neu und was hat sich geändert?

Seit Kurzem liegt der erzielte CSRD-Kompromisstext vor. Folgende Punkte weisen im Vergleich zum letzten Stand Neuerungen auf (vgl. News vom Mai 2021)

  • Schrittweise Ausweitung der CSR-Berichterstattungspflicht an Stelle des zuvor vorgeschlagenen Datums 01.01.2023 für alle betroffenen Großunternehmen
    • Ab dem 1. Januar 2024: Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern, die bereits nach EU-Richtlinie über die nichtfinanzielle Berichterstattung (NFRD) berichtspflichtig sind
    • Ab dem 1. Januar 2025: alle großen Unternehmen (unabhängig davon, ob diese börsennotiert sind), die zwei der folgenden Kriterien erfüllen: mehr als 250 Mitarbeiter, Umsatz von mehr als 40 Mio. Euro, Bilanzsumme von mehr als 20 Mio. Euro
    • Ab dem 1. Januar 2026: börsennotierte KMU, kleine und nicht-komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen
  • Erweiterung von betroffenen Unternehmenskreisen: Auch Nicht-EU-Unternehmen, die einen jährlichen Nettoumsatz von mehr als 150 Mio. Euro in der EU erwirtschaften und mindestens eine Tochtergesellschaft oder eine Niederlassung in der EU haben, sollen berichtspflichtig werden.
  • Deutliche Erweiterung des Berichtsumfangs: Die Unternehmen sollen z. B. über die Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf alle Nachhaltigkeitsaspekte – Umwelt, Soziales, Menschenrechte und Governance – berichten. Auch sollen sie ihre Strategien und Prozesse zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele offenlegen, wie z. B. Treibhausgasminderungsziele für die Jahre 2030 und 2050 oder Maßnahmen, die sicherstellen, dass das Geschäftsmodell und die Strategie des Unternehmens mit dem 1,5-Grad-Ziel und dem 2050-Ziel der Klimaneutralität kompatibel sind.

Keine Änderungen erfolgen hingegen in den folgenden Punkten des finalen CSRD-Entwurfes:

  • Berichtsinhalte sollen durch Standards konkretisiert werden. Diese werden von der Europäischen Beratergruppe für Rechnungslegung (EFRAG) erarbeitet und von der EU-KOM in delegierte Rechtsakte überführt.
    • Ein erstes Set an Standards soll bis spätestens 30. Juni 2023 vorliegen. Dieses wird derzeit konsultiert
    • Ein zweites Set an Standards soll bis 30. Juni 2024 verabschiedet sein. Letzteres soll u. a. sektorspezifische Berichtsinhalte und die Berichtsanforderungen an KMUs vorgeben.
  • Die berichtspflichtigen Informationen sollen künftig in einem eigenen Abschnitt im Lagebericht und im digitalen Format veröffentlicht werden.
  • Die Berichte müssen inhaltlich durch einen akkreditierten unabhängigen Auditor oder Zertifizierer geprüft werden. Auch für die Berichte der Nicht-EU-Unternehmen gilt eine Prüfpflicht.
  • Der erzielte Kompromiss muss im nächsten Schritt vom EU-Parlament und dem Rat der EU formal verabschiedet werden. Die Richtlinie tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. Die Vorgaben müssen von den EU-Mitgliedsstaaten innerhalb von 18 Monaten nach dem Inkrafttreten der Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden.

Die Fristen sind aufgeschoben worden – was tun?

Auch wenn viele Unternehmen das Aufschieben der Berichtspflichten in der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Lage sehr willkommen heißen und der Druck erst einmal weg ist, empfehlen wir unseren Leserinnen und Lesern, den Weg der Nachhaltigen Berichterstattung einzuschlagen.

Hier sind einige Argumente dafür:

Der Bericht dient als Spiegelbild dessen, was im Unternehmen tatsächlich passiert, und es braucht seine Zeit, um einen transparenten und glaubwürdigen Nachhaltigkeitsbericht zu schreiben. Das Verfassen von Texten und die Abstimmung des Layouts sind zwar zeitintensiv, jedoch im Gesamtaufwand eher zweitrangig. Vorrangig handelt es um ein gelebtes Nachhaltigkeitsmanagement, das sich hinter einem solchen Bericht verbirgt. So wird es im Rahmen der noch geltenden Berichtspflicht gefordert. Im aktuell vorliegenden Kompromisstext der CSRD hat die Rolle des Managementsystems mit der Setzung von klaren Zielen, der Ableitung von Maßnahmen und deren Abrechnungen in der nächsten Berichtsperiode noch mehr an Bedeutung gewonnen.

Um die eigenen Leistungen in jedem Berichtsformat veröffentlichen zu können, müssen diese bekannterweise erst ermittelt werden. Für eine umfassende Bestandsaufnahme ist ein gewisser Zeitaufwand einzuplanen:

  • Wenn die gängigen Kennzahlen in Bezug auf wirtschaftliche Leistungen, Compliance-Vorfälle, Personalaufstellung und den betrieblichen Arbeitsschutz in den verantwortlichen Abteilungen schneller zu finden sind, ist eine umweltbezogene Datenerfassung (vor allem Energieverbrauch, Emissionen, Ressourcenverbrauch etc.) deutlich schwieriger zu bewerkstelligen – es sei denn, das Unternehmen verfügt über relevante Managementsysteme (ISO 14001, EMAS oder ISO 50001). Je mehr Standorte, Länder und Unternehmensteile in die Berichterstattung einbezogen werden müssen, desto komplexer wird die Aufgabe. Verlieren Sie also keine Zeit.

Das Etablieren eines funktionierenden Nachhaltigen Lieferantenmanagements ist ein weiteres Argument dafür, sich bereits jetzt mit dem Thema auseinanderzusetzten. Ab nächstem Jahr kommen in Deutschland schrittweise Pflichten entsprechend dem Lieferkettengesetz (mehr dazu hier). Die Erfahrung zeigt: Auch nicht verpflichtete Unternehmen werden zunehmend im Rahmen der Auftragsverhandlungen und Ausschreibungen nach Nachhaltigkeit in der Lieferkette gefragt – dieser Effekt wurde vom Gesetzgeber beabsichtigt. Der Markt übt den Druck und ergänzt damit das Gesetz. Die Anforderungen an ein Nachhaltiges Lieferantenmanagement mit den dazu gehörigen Instrumenten und Kennzahlen sind bereits Teil der gängigen Berichtsformate. Die in Deutschland verbreitete Ranking-Plattform für Nachhaltige Wertschöpfungsketten EcoVadis dient in diesem Zusammenhang als weitere treibende Rolle für die Berichterstattung und sogar Validierung des Berichtes: Das Ranking gelingt deutlich besser und leichter, wenn ein Bericht vorliegt. Der höchste Rang kann ausschließlich bei geprüften (validierten) Berichten erfolgen.

Last but not least kann ein Nachhaltigkeitsbericht einen klaren Vorteil beim Rekrutieren neuer Mitarbeitender verschaffen. Die neue Generation der Arbeitnehmenden schaut gerne in die Unternehmensberichte rein, um sich ein Bild über den potenziellen Arbeitgeber zu machen. Je mehr Nachhaltigkeit (auch im Personalmanagement), desto mehr Zuspruch. Aber auch hier werden Sie möglicherweise eine gewisse Zeit brauchen, um die Leistungen neu aufzustellen und diese auf Papier zu bringen.

GUTcert-Unterstützung

Seit vielen Jahren unterstützen wir unsere Kunden beim Verfassen von Nachhaltigkeitsberichten: Wir prüfen diese und führen die Workshops durch, um das Festlegen der wesentlichen Themen der Nachhaltigen Entwicklung transparent zu machen.
Hierzu bieten wir in unserer Akademie oder Inhouse auch Schulungen für die Verantwortlichen an.

Wir freuen uns, wenn wir Sie auf Ihrem Weg begleiten dürfen.

GUTcert-Kunden, die (auch) 2022 Ihre Nachhaltigkeitsberichte veröffentlicht und von uns validieren haben lassen (Auszug, alphabetisch)

  • badenova (DNK)
  • DEKRA (DNK)
  • Denios AG (GRI)
  • Kronberg Academy (DNK)
  • Lebensbaum (Pure Taste Group, EMAS/ GRI/ DNK)
  • SARIA Group (GRI)
  • Sonepar (GRI)
  • Südpack Verpackungen (GRI)

Ansprechpartnerinnen bei der GUTcert

Haben Sie Fragen oder Hinweise zum Thema? Wenden Sie sich gerne an Yulia Felker oder Anna Büttgen.

Weiterführende Informationen:

Pressemitteilung des Rates der EU
Pressemitteilung des EU-Parlaments
Kompromisstext

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