Megatrends und ihre Auswirkungen auf Qualitätsmanagementsysteme

Die derzeit in Revision befindliche ISO 9001 soll voraussichtlich im vierten Quartal 2026 veröffentlicht werden. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass ab dann ein deutlich größerer Fokus auf Aspekten der nachhaltigen Entwicklung liegen wird.

Gesellschaftliche Megatrends wie Klimaschutz, Ressourceneffizienz, Transparenz in der Lieferkette und der demografische Wandel wirken sich zunehmend auf Unternehmen und deren Geschäftsmodelle aus. Sie fordern nicht nur Anpassungen im operativen Geschäft, sondern auch in der strategischen Ausrichtung. Die ISO 9001 adressiert genau diesen Kontext: Es geht um eine langfristige, stabile und resiliente Entwicklung von Unternehmen. Deshalb ist es entscheidend, sich frühzeitig mit diesen Themen auseinanderzusetzen und die bestehenden Strukturen im Qualitätsmanagement gezielt für die Integration neuer Anforderungen zu nutzen.

Wie viel Nachhaltigkeit steckt bereits heute in der ISO 9001?

Welche Anforderungen kommen auf Unternehmen zu? Und wie lässt sich der Wandel im Qualitätsmanagement effektiv gestalten? Yulia Felker, Fachbereichsleiterin, Expertin für nachhaltige Entwicklung, Leiterin der GUTcert Akademie und erfahrene Lead-Auditorin gab hierzu Auskuft. Das Interview erscheint in vier Teilen – Teil zwei bis vier finden Sie in den kommenden Newslettern.

 

Teil 1: ISO 9001 in der Revision: Klimawandel

GUTcert: Die neue ISO 9001 soll globale Veränderungen stärker einbeziehen. Welche Herausforderungen stehen aktuell im Fokus – und warum müssen diese im Qualitätsmanagement berücksichtigt werden?

Felker: Beginnen wir mit den Umwelttrends: Der Klimawandel ist nicht nur ein Thema der Nachhaltigkeit – er wird seit Ende 2024 bereits in allen gängigen Managementsystemen aufgegriffen. Ein Beispiel aus der Praxis:

Viele unserer Kunden im verarbeitenden Gewerbe stehen vor Herausforderungen bei der Qualität natürlicher Rohstoffe wie Baumwolle, Wolle oder Lebensmitteln. Aufgrund klimatischer Veränderungen schwankt deren Beschaffenheit zunehmend. Um die gewünschte Produktqualität dennoch sicherzustellen, müssen neue Produktionsprozesse eingeführt werden – sei es durch zusätzliche Kühl- oder Trocknungsschritte, neue Technologien oder modernisierte Anlagen. All das führt zu einem höheren Energieeinsatz, längeren Produktionszeiten und letztlich steigenden Kosten.

Bereits heute greifen viele Unternehmen diese Entwicklungen im Rahmen ihrer Kontextanalysen sowie Risiko- und Chancenbewertungen auf. Das Qualitätsmanagement kann hier wertvolle Erkenntnisse liefern: Wie muss eine robuste Produktionslinie gestaltet sein? Welche Maßnahmen sind erforderlich, wenn Rohstoffe empfindlicher werden? Und: Wie kann auf klimabedingte Risiken reagiert oder sogar von neuen Chancen profitiert werden?

Aber auch Unternehmen, die nicht direkt mit natürlichen Rohstoffen arbeiten, kommen um das Thema Klimawandel nicht herum. Einige zentrale Aspekte:

  • Physische Risiken: Überschwemmungen oder starke Regenfälle betreffen längst nicht mehr nur Unternehmen in Gewässernähe. Auch bislang sichere Regionen sehen sich durch veränderte Wetterlagen mit plötzlichen Naturgefahren konfrontiert. Dies erfordert eine vorausschauende Risikobewertung, etwa zur Sicherung der Infrastruktur oder zur Anpassung von Versicherungsverträgen.
  • Arbeitsschutz & betriebliche Abläufe: Anhaltende Hitzeperioden und extreme Wetterbedingungen stellen neue Anforderungen an Arbeitsplätze und Betrieb. Die daraus resultierenden Schutzmaßnahmen für Mitarbeitende müssen nicht nur umgesetzt, sondern auch finanziell geplant werden.
  • Rechtliche Vorgaben: Die regulatorischen Anforderungen im Bereich Klimaschutz nehmen rasant zu. Für Unternehmen bedeutet das: Sie müssen relevante Gesetze nicht nur kennen, sondern diese aktiv im Managementsystem beobachten und umsetzen.

Sie möchten mehr über Qualitäts- oder Nachhaltigkeitsmanagement lernen? In unserer Akademie bieten wir passende Schulungen und Seminare an.

Bei inhaltlichen Rückfragen wenden Sie sich gerne an Lea Graf.

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