Wie viel ISO 45001 steckt im Arbeitsschutzgesetz?
Wie viele Forderungen der ISO 45001 werden bereits durch das „einfache“ Einhalten deutscher Gesetze erfüllt?
Unser Geschäftsführer, Prof. Dr.-Ing. Jan Uwe Lieback, führt seit über 20 Jahren Audits im Bereich Arbeitssicherheit durch. Er sagt gerne, dass Kunden, die sich an deutsche Gesetze halten, schon rund 80% der Anforderungen der ISO 45001:2023 erfüllen. Es wäre also ein überschaubarer Aufwand, auch die letzten Schritte zu gehen und ein vollwertiges Managementsystem für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (SGA-MS) zu etablieren. Das gilt umso mehr, wenn Sie schon ein etabliertes ISO-Managementsystem haben. Durch die Harmonized Structure (Weiterentwicklung der High Level Structure), die die ISO für alle Managementnormen eingeführt hat, folgen alle Managementsysteme der gleichen Struktur und lassen sich gut sehr gut integrieren.
Beispiele für derartige Anforderungen aus den Gesetzen
ArbSchG §3 (Stand April 2025):
„(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.
(2) Zur Planung und Durchführung der Maßnahmen nach Absatz 1 hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten
1. für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen sowie
2. Vorkehrungen zu treffen, daß die Maßnahmen erforderlichenfalls bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden und die Beschäftigten ihren Mitwirkungspflichten nachkommen können.
(3) Kosten für Maßnahmen nach diesem Gesetz darf der Arbeitgeber nicht den Beschäftigten auferlegen.“
Der Arbeitgeber ist also verpflichtet zu planen, durchzuführen und zu überprüfen, anzupassen/ verbessern: Das ist der PDCA-Zyklus (Plan, Do, Check, Act), der die Grundlage aller gängigen ISO-Managementnormen bildet (ISO 9001, ISO 14001, ISO 50001, ISO 27001, ISO 55001, etc.) und somit auch eines SGA-MS nach ISO 45001.
ArbSchG § 4 Der Arbeitgeber hat bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes von folgenden allgemeinen Grundsätzen auszugehen |
ISO 45001* (Beispiele) |
1. Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und die psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird; | 5.2 SGA-Politik a) d) 8.1.2 Gefährdungen beseitigen und SGA-Risiken verringern |
2. Gefahren sind an ihrer Quelle zu bekämpfen; | 8.1.2 Gefährdungen beseitigen und SGA-Risiken verringern a) |
3. bei den Maßnahmen sind der Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen; | 8.1.2 Gefährdungen beseitigen und SGA-Risiken verringern (implizit, s. auch A.8.1.2 b)) 10.3 Fortlaufende Verbesserung a) |
4. Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluss der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen; | 6.1.2.1 Ermittlung von Gefährdungen (und natürlich die Integration mit ISO 14001) |
5. individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen; | 8.1.2 Gefährdungen beseitigen und SGA-Risiken verringern |
6. spezielle Gefahren für besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen sind zu berücksichtigen; | 4.2 Verstehen der Erfordernisse und Erwartungen von Beschäftigten und anderen interessierten Parteien 6.1.2.1 Ermittlung von Gefährdungen |
7. den Beschäftigten sind geeignete Anweisungen zu erteilen; | 5.3 Rollen, Verantwortlichkeiten und Befugnisse in der Organisation 7.4.2 Interne Kommunikation 8.1 Betriebliche Planung und Steuerung |
8. mittelbar oder unmittelbar geschlechtsspezifisch wirkende Regelungen sind nur zulässig, wenn dies aus biologischen Gründen zwingend geboten ist. | 4.2 Verstehen der Erfordernisse und Erwartungen von Beschäftigten und anderen interessierten Parteien 6.1.2.1 Ermittlung von Gefährdungen |
* Aufgrund des Copyrights können hier nur die Kapiteltitel genannt werden.
Auch die Anforderungen von § 5 ff. finden sich in der ISO 45001 mindestens implizit wieder. Erst ab §15 ff. divergierten die Anforderungen von ArbSchG und ISO 45001 (abgesehen von der immer verlangten Compliance) deutlich – sie widersprechen sich aber nie! Ein vollständiges Mapping würde hier den Rahmen sprengen, aber auch so wird bereits sehr deutlich, dass es große Überschneidungen gibt.
Welche Normenforderungen finden sich nicht im ArbSchG?
Die ISO 45001 fordert systematische Prozesse und stellt Best Practice Methoden vor, um bestimmte Ergebnisse zu erreichen. So ist zum Beispiel das Managementreview ein elementarer Teil der ISO 45001, der es der obersten Leitung ermöglicht, ihren Aufsichtspflichten nachzukommen und weitere Verbesserungen anzustoßen. In dieser Form wird es im ArbSchG nicht verlangt, aber das Review ist ein Werkzeug, um diesen Verpflichtungen nachzukommen. Auch „4.1 Verstehen der Organisation und ihres Kontextes“, „7.4.3 Externe Kommunikation“, „8.1.4.1 Beschaffung“ oder auch „9.2 Internes Audit“ findet man nicht im ArbSchG. Diese Anforderungen der Norm können aber einen betrieblichen Arbeitsschutz nicht nur ergänzen, sie halten ihn auch immer aktuell und unterstützen dessen Verbesserung.
Nur weil das ArbSchG zu einem Kapitel der ISO 45001 keine Anforderung stellt, heißt das nicht, dass nicht in anderen einschlägigen Arbeitssicherheitsregelungen Anforderung enthalten sind, die genau auf die Normenforderungen passen. So gibt es z.B. deutliche Überschneidungen bei 8.1.4 „Beschaffung“ aus der ISO 45001 und § 5 „Vergabe von Aufträgen“ in der DGUV Vorschrift 1.
Arbeitsschutzkurse der Akademie
Zu allen genannten Managementnormen und darüber hinaus bietet unsere Akademie effiziente Kurse zur Wissensvermittlung an. Von besonderem Interesse in diesem Zusammenhang sind „Arbeitsschutz: SGAMS nach ISO 45001 richtig aufbauen und betreiben“ und der Kurs „Integrierte Managementsysteme: Weiterbildungen zur effizienten Kombination von ISO-Standards“.
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