ZertGas: Zertifizierung von Biogas- und Biomethananlagen nach RED II

In Vorbereitung auf die RED II wurden zusammen mit dem Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) und dem Fachverband Biogas e.V. exemplarisch 10 THG-Berechnungen für Biogas- und Biomethananlagen durchgeführt.

Seit 2009 definiert die Erneuerbare-Energien-Richtline (RED) der Europäischen Union (EU) einheitliche Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe in der EU. Die EU-Mitgliedsstaaten sind dafür zuständig, die Richtlinie umzusetzen, indem sie diese in nationales Recht überführen. Am 1. Juli 2021 trat die Revision der Erneuerbare Energien Richtlinie (2018/2001/EU, RED II) in Kraft. Daraus ergeben sich diverse Neuerungen für Unternehmen, die bereits eine Zertifizierung haben oder in Zukunft anstreben. Im Wesentlichen werden die Nachhaltigkeitskriterien der Richtlinie durch die Revision fortgeschrieben, jedoch kommen Erweiterungen dieser Kriterien und des Geltungsbereichs hinzu. So können unter der RED II zusätzlich auch nachhaltiger Strom und nachhaltige Wärme bzw. Kälte aus festen und gasförmigen Biomassebrennstoffen ab einer festgelegten Anlagengröße zertifiziert werden. Eine Zertifizierung ist nicht verpflichtend, bildet jedoch die Voraussetzung für finanzielle Förderung und die Anrechenbarkeit an klima- und energiepolitische Ziele. Im Biogassektor sind insbesondere die geänderten Vorgaben für die Berechnung von Treibhausgasemissionen von Bedeutung, die unter anderem mit aktualisierten THG-Standardwerten einhergehen.

Kooperationspartner

Bei dem Verbundvorhaben „ZertGas – Implementierung der RED II und Entwicklung von praktikablen Zertifizierungslösungen und Handlungsoptionen für Betreiber von Biogas- und Biomethananlagen“ handelt es sich um die Entwicklung einer praxisnahen Methodik zur Umsetzung der RED II. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) und dem Fachverband Biogas e.V. wurden testweise 10 ausgewählte THG-Berechnungen gemäß RED II verifiziert. Nachdem im Februar 2020 mittels Betreiberrundschreiben des Fachverbands Biogas Fragebögen zur Teilnahme an einer Testzertifizierung versandt wurden, meldeten sich insgesamt 37 interessierte Anlagenbetreiber. Insgesamt erhielt der Fachverband 30 ausgefüllte Fragebögen zurück, aus denen die 10 finalen Testteilnehmer ausgewählt wurden, unter anderem priorisiert nach Standort, Inbetriebnahme der Anlage, Anlagenleistung und Substrateinsatz. DBFZ und Fachverband Biogas haben auf Grundlage der RED II-Anforderungen eine Arbeitshilfe zum Ermitteln von THG-Emissionen entwickelt, die wiederum von Fachexperten der GUTcert auf Vollständigkeit, Plausibilität und Angemessenheit zu den rechtlichen Anforderungen und Erfahrungen der GUTcert geprüft wurde. Die Ergebnisse wurden in insgesamt 10 Berichten festgehalten und werden vom DBFZ in einem Leitfaden zur THG-Bilanzierung verarbeitet. Eine Veröffentlichung des Leitfadens ist noch für diesen Monat (Dezember 2021) geplant.

Projektdurchführung: Detailblick auf die spezifischen Emissionen und Informationsbeschaffung

Bei der Testzertifizierung repräsentativer Anlagen wurde ausgewertet, inwieweit die THG-Bilanzierung gemäß RED II-Vorgaben praktikabel ist. Des Weiteren wurde im Rahmen des Projekts bestimmt, welche Unklarheiten gegebenenfalls geschlossen werden müssen, bevor die Anforderungen adäquat in die Praxis umgesetzt werden können.

Hinsichtlich der spezifischen Treibhausgaswerte wurde deutlich, dass insbesondere Substratarten mit hoher Düngeintensität (v.a. unter Einsatz von mineralischem Dünger und Lachgas) hohe Emissionen aufweisen. Substrate aus Ökobetrieben, zu deren Erzeugung traditionell weniger Agrarchemikalien eingesetzt werden, zeichnen sich folgerichtig durch vergleichsweise niedrige THG-Werte aus.

Nicht zuletzt spielt auch die Frage nach offenem bzw. geschlossenem Gärrückstandslager eine entscheidende Rolle: Von den drei ZertGas-Anlagen, die einen offenen Lagerbehälter aufweisen, konnte nur eine das THG-Mindesteinsparpotenzial deutlich übertreffen (aufgrund geringer Düngeintensität und hohem Gülleanteil). Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass niedrige Substraterträge die Emissionen des jeweiligen Materialstroms erhöhen, weil hierdurch weniger Endprodukt (= Energie) erzeugt wird, auf das die angefallenen Emissionen allokiert werden können. Und auch der Dieselverbrauch ist ein entscheidender Faktor – ohnehin war das Erfassen der spezifischen Verbräuche bezogen auf das jeweilige Substrat für die meisten Testanlagen eine Hürde. Generell ist im Rahmen des Projekts aufgefallen, dass die Informationsbeschaffung keine leichte Aufgabe ist.

Weiterführende Ergebnisse und zukünftige Problemstellungen

Wichtige Erkenntnisse waren unter anderem, dass der Anlagenbegriff und die Definition des Inbetriebnahmedatums genauer definiert werden sollten bzw. auf bestehende Auslegungen aus dem EEG verwiesen werden sollte. Zudem ist die Massenbilanzierung von Biogas bzw. Biomethan aufgrund zahlreicher Substratarten, die im Biokraftstoffbereich bisher im besten Falle eine untergeordnete Rolle spielten, eine große Herausforderung. Die Vielzahl unterschiedlicher Substratströme gestaltet sich bei der THG-Emissionsberechnung ebenfalls schwierig und trägt zur allgemeinen Komplexität der individuellen Berechnungen bei. So können THG-Emissionen im Bereich Biogas unter der RED II zwar saldiert werden, die Eingabewerte müssen aber dennoch schlagspezifisch vorliegen (z.B. Angaben zur Düngung, Saatgut, Dieselverbrauch).

Außerdem wurde im Rahmen des Projekts ZertGas an mehreren Beispielen deutlich, dass das Ermitteln von Lachgasemissionen aus der Stickstoffdüngung für Anlagenbetreiber sehr herausfordernd ist. Ausschlaggebend ist in dieser Hinsicht insbesondere das Fehlen von standardisierten Faktoren für gängige Nutzpflanzen im GNOC-Tool bzw. der Methodik aus den IPCC-Guidelines. In der RED II gibt es ausschließlich Standardwerte für Gülle/Mist, Maissilage und Siedlungsabfälle zur Biomethan- bzw. Strom/Wärmeerzeugung.

Unklar bleibt zudem auch, wie mit Prozesshilfsstoffen zu verfahren ist, zu denen keine expliziten Emissionsfaktoren in Erfahrung gebracht werden können. Die von der EU-Kommission zur Verfügung gestellten Listen sind in ihrer aktuellen Fassung für den Biogasbereich kaum hilfreich.

Ausblick

Verbände und Interessengemeinschaften, wie etwa der Fachverband Biogas e.V. und die Zertifizierungssysteme REDcert und SURE beteiligen sich weiterhin an den Gesprächen zur praktischen Umsetzung der Gesetzgebung auf nationaler und europäischer Ebene. Die GUTcert ist in regem Austausch mit den Verbänden, Systemen und der BLE, um ihre Kunden auch weiterhin auf dem Laufenden zu halten.

Zertifizierungen gemäß REDcert & SURE

Zu den Zertifizierungssystemen, die die Einhaltung der RED II sicherstellen, zählen zum Beispiel REDcert-EU im Kraftstoffbereich und SURE-EU im Strom-/Wärmebereich. Die GUTcert zertifiziert seit 2009 nach dem REDcert Standard und als eine der ersten akkreditierten Stellen, die seit 2021 die Zertifizierung nach SURE umsetzt. Gerne können Sie ein Angebot anfordern.

Ansprechpartnerin

Haben Sie Fragen oder Hinweise zum Thema ZertGas? Wenden Sie sich gerne an Frieda Becker.

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