Synthesebericht des IPCC – ein Überlebensleitfaden für die Menschheit

Die globale Oberflächentemperatur lag im letzten Jahrzehnt weit über dem vorindustriellen Niveau – mit steigender Tendenz. Die globalen Treibhausgasemissionen müssen bis 2030 halbiert werden. Die Lösungen sind vorhanden, doch die derzeitigen Maßnahmen reichen nicht aus.

Am 20.03.2023 erschien der Synthesebricht zum sechsten IPCC-Sachstandbericht. Der IPCC-Bericht ist der relevanteste wissenschaftliche Gradmesser, wenn es darum geht herauszufinden, wie der aktuelle Stand im Bereich Klimawandel ist, was die aktuelle Forschung sagt und was für Handlungen notwendig sind, um ihn einzugrenzen.

Der Weltklimarat (IPCC) hat seit seiner Gründung 1988 regelmäßig (im Schnitt alle sechs Jahre) umfangreiche Sachstandsberichte veröffentlicht. Die Berichte des IPCC geben keine konkreten Lösungswege oder Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung des Klimawandels vor, aber sie sind die evidenzbasierte Grundlage für politische Entscheidungen auf nationaler und internationaler Ebene. Der vorliegende Bericht liefert Hinweise dazu, welche Risiken zunehmen und welche Anpassungsstrategien funktionieren. Daraus lassen sich konkrete Schlussfolgerungen ziehen, worauf geachtet und was getan werden sollte.

Der IPCC besteht aus drei Arbeitsgruppen führender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Welt, die jeweils einen Teilbericht veröffentlichen. Die erste Gruppe berichtet über naturwissenschaftliche Grundlagen des Klimawandels, der zweite Bericht enthält Erkenntnisse zu Folgen der Erderwärmung, Anpassung und Verwundbarkeit und der dritte Bericht informiert zur Begrenzung der Erderwärmung.

Die Arbeitsgruppen stellten ihren Bericht über einen mehrmonatigen Zeitraum von 2021 bis 2022 vor. Nun folgte im März 2023 der Synthesebericht, der abschließende Teil des sechsten Sachstandsberichts. Dieser fasst die Ergebnisse der wichtigsten Berichte dieses Zyklus zusammen, um ein vollständiges Bild davon zu vermitteln, wie sich der vom Menschen verursachte Klimawandel auf unseren Planeten auswirkt und welche Schritte unternommen werden können, um ihn zu bekämpfen.

Es wird schlimmer, als wir bisher annahmen

Unsere Welt hat sich durch die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen bereits um 1,1 Grad erwärmt und der Klimawandel hat gefährliche Auswirkungen auf Natur und Menschen in allen Regionen des Planeten. Er untergräbt unsere Gesundheit, Ernährungssicherheit und Wasserversorgung, so die Aussage des IPCC Reports.

Im aktuellen Bericht wird betont, dass sich der Klimawandel nicht nur beschleunigt hat, sondern die Geschwindigkeit in Zukunft sogar noch zunehmen wird. Die Wahrscheinlichkeit, die 1,5 °C-Grenze langfristig zu überschreiten, ist im Vergleich zum 1,5 °C-Sonderbericht aus dem Jahr 2018 deutlich gestiegen.

Hitze, Dürren, Starkregen und Überflutungen – bereits heute verursacht der Klimawandel weit verbreitete, gefährliche und irreversible Schäden. Je stärker er zunimmt, desto gravierender werden die Folgen und der Synthesebericht zeigt auf, welche Schäden und Risiken diese Entwicklung global gesehen nach sich ziehen wird. Beeinflusst werden etwa die Lieferketten: Nach COVID-19 wissen wir, was es heißt, wenn Lieferketten nicht funktionieren, und durch die Klimakrise ausgelöste Hitzeereignisse werden dazu führen, dass der Schienen- und Straßenverkehr beeinträchtigt wird, was sich wiederum auf Produktion und Verteilung von Gütern auswirkt: „Wir werden künftig verstärkt über Kaskaden sprechen, die der Klimawandel direkt oder indirekt verursacht. Also, dass beispielsweise starke Hitze Schienen- und Straßenverkehr beeinträchtigt - was Lieferketten beeinflusst; was sich wiederum auf die wirtschaftliche Produktion und Verteilung von Gütern und Ähnliches auswirkt. Gleichzeitig ist in manchen Berufen auch die Arbeitsproduktivität beeinträchtigt.“ (Achim Daschkeit vom UBA zum IPCC Synthesebericht)

Aktionsdruck für 1,5°C

Laut IPCC ist die Menge der weltweit jährlich ausgestoßenen Treibhausgasemissionen zum aktuellen Zeitpunkt höher als je zuvor. Die bisherigen Bemühungen, die THG-Emissionen zu reduzieren, reichen bei weitem nicht aus und würden in den nächsten 70 Jahren auf eine 3,2 °C wärmere Welt hinauslaufen, mit katastrophalen Folgen für Mensch und Umwelt. Zu den zentralen Botschaften des aktuellen Syntheseberichts gehört dennoch auch die Nachricht, dass die Einhaltung des 1,5°C-Ziels immer noch möglich ist. Voraussetzung dafür ist allerdings die umgehende und drastische Reduktion von Treibhausgasemissionen in allen Sektoren weltweit.

Eine besonders große Rolle zur Eindämmung der Folgen des Klimawandels spielt laut Bericht der Energiesektor. Allein die derzeitig betriebene fossile Energiegewinnung und das, was zum jetzigen Zeitpunkt noch geplant ist, mache die Einhaltung des 1,5°C-Ziels unmöglich. Die Investitionen in fossile Rohstoffe liegen nach wie vor höher als Investitionen in Klimaschutz und Klimawandelanpassung. Allein drei bis sechs Mal mehr Investitionen müssten im Bereich Klimaschutz in diesem Jahrzehnt bis 2030 getätigt werden, um überhaupt das 2,0°C-Ziel einzuhalten.

Die Zeit zum Handeln ist knapp: Es müssen umgehend Maßnahmen für konsequenten Klimaschutz ergriffen werden – von allen, aber besonders von den wohlhabenden Teilen der Welt. Es ist eine Herausforderung, aber auch eine Chance für eine gerechtere Welt. „Der IPCC-Bericht ist ein Überlebensleitfaden für die Menschheit.“, so der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres.

Mitigation (aktives Verringern von THG-Emissionen) und Adaption

Mitigation

  • Tempo ist das A und O: Jede weitere geringfügige Erhöhung der globalen Mitteltemperatur erhöht die Wahrscheinlichkeit der Risiken für Mensch und Umwelt.
  • Die 10% Haushalte mit den global höchsten Pro-Kopf-Emissionen verursachen 34-45% der weltweiten Treibhausgasemissionen, während die unteren 50% nur 13-15% zu den Gesamtemissionen beitragen
  • Allein nachfrageorientierte Maßnahmen können die THG-Emissionen bis 2050 um 40-70% reduzieren. Dazu zählen etwa die systemische Reduzierung von Lebensmittelverschwendung, verbessertes Recycling und energieeffiziente Gebäude.
  • Es gibt zwar bereits CDR (Carbon Dioxide Removal) – Technologien, jedoch verursachen diese viel höhere Kosten als andere Maßnahmen. Sie sollten nicht als eine Last-Chance-Technologie gesehen, sondern wenn, dann direkt eingesetzt werden.
  • Eine sofortige und tiefgreifende Emissionsminderung ist wichtig, um Rückkopplungsmechanismen zu vermeiden: So begünstigt der Klimawandel Waldbrände, verstärkt das Artensterben und kann zum Auftauen der Permafrostböden führen, was wiederum mit einer immensen Freisetzung von Methan verbunden wäre.

Adaption

  • Insgesamt erhöht sich die Notwendigkeit für Anpassungsmaßnahmen an den nicht mehr vermeidbaren Klimawandel.
  • Je weiter der Klimawandel voranschreitet, desto geringer ist die Effektivität von Anpassungsmaßnahmen.
  • Besonders wichtig ist die ökosystembasierte Anpassung, wie die Renaturierung von Flüssen oder der Moorschutz. Diese Maßnahmen verbinden Mitigation mit Adaption. Sie wirken als Kohlenstoffsenken und machen Ökosysteme resilienter gegenüber Extremwetterereignissen.
  • Sofortiges Handeln ist von Bedeutung. Der IPCC-Bericht zeigt, dass in einigen Regionen und Sektoren die Grenzen der Anpassung für Ökosysteme und Gesellschaft schneller erreicht werden, als in anderen.

Ansprechperson

Haben Sie Fragen oder Hinweise zum IPCC-Synthesebericht und entsprechenden Handlungsoptionen? Wenden Sie sich gerne an Johanna Sitter.

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