Entwurf der ISO 53001 „Management Systems for UN Sustainable Development Goals – Requirements“

Was ist neu und wie geht es weiter? GUTcert informiert über die Akteure, den Status Quo (Stand August 2024) und die Inhalte der künftigen Norm.

Im August 2024 erfolgte eine Vereinbarung zwischen der ISO und dem UNDP, mit dem Ziel, gemeinsam eine neue, zertifizierungsfähige ISO-Norm 53001 zu erarbeiten, die alle Organisationen weltweit in die Lage versetzt, die SDGs in ihren Geschäftsstrategien zu integrieren und damit nachweislich zur Nachhaltigen Entwicklung der Weltgemeinschaft beizutragen.

2023 starte diese Kooperation zwischen der International Standardisation Organisation (ISO) und dem UN Development Programm (UNDP).

Warum diese Akteure?

Beide sind anerkannte internationale Institutionen, die bereits Erfahrungen gesammelt haben beim Etablieren von Nachhaltigkeitsthemen und der Sustainable Development Goals (SDGs) in der Agenda von privatwirtschaftlichen Akteuren und Institutionen weltweit.

  • Das UNDP hat bereits seit 2018 ein Finanzierungsprogramm für SDGs: SDG Impact. Es ist ein Rahmenwerk für Unternehmen und Investoren, das ihnen helfen soll, Nachhaltigkeit und SDGs in Entscheidungsprozesse einzubinden. Hier geht es also nicht um einen Berichtsstandard zu Nachhaltigkeitsleistungen, sondern um das Schaffen von Strukturen und Regeln, um „Nachhaltigkeit“ im Unternehmen zu verankern. Fokus liegt dabei auf dem Managen der Auswirkungen der eigenen geschäftlichen Tätigkeiten – im negativen, aber auch im positiven Sinne. Es wird ein systemischer Ansatz vom Unternehmen gefordert und eine externe Prüfung ist vorgesehen. Der Nachweis über Konformität mit dem SDG Impact gibt Investoren einen Anreiz, in Projekte solcher Unternehmen im Rahmen vom UN Development Programme zu investieren.
  • Die ISO bietet weltweit best-practice-Beispiele, wie Anwender bestimmte Themen auf die effizienteste Weise in betriebliche Abläufe integrieren. Bis dato wurde jedoch noch kein zertifizierungsfähiger generischer Standard für ein Nachhaltigkeitsmanagement entwickelt, auch wenn die ISO bereits über eine Vielzahl von Standards verfügt, die weltweit einen großen Beitrag zu einzelnen Säulen der Nachhaltigen Entwicklung leisten: ISO 14001 (Umweltschutz), ISO 45001 (Arbeitsschutz und Gesundheitsmanagement), ISO 9001 (Qualitätsmanagement), ISO 27001 (Informationssicherheit) etc. Mit der ISO 53001 soll es jedoch um einen holistischen Ansatz gehen: Alle Themen der Nachhaltigkeit entlang der SDGs werden explizit betrachtet und gesteuert. Die neue Norm soll ein übergeordnetes Managementsystem sein, das alle relevanten betrieblichen und gesellschaftlichen Themen unter der Lupe der Wesentlichkeit vereint.

Das von Anfang an klar formulierte Ziel der Kooperation war ein effizientes und wirksames System, um die SDGs in der Wirtschaft zu etablieren und damit dazu beizutragen, dass alle UN-Ziele mit der Zeit erfüllt werden können.  Es dauerte jedoch fast ein Jahr, bis die Vereinbarung von den beiden führenden Weltinstitutionen unterschrieben wurde. Mit den Unterschriften wurde der offizielle Start der Kooperation verkündet.

Ein ausführliches Interview mit den ISO- und UNDP-Vertretern dazu finden Sie hier.

Status Quo

Der ursprüngliche Plan war es, zum Herbst 2025 die neue ISO-Norm zu veröffentlichen. Eine erste Reihe an Meetings auf Ebene der ISO und der nationalen Arbeitsgremien lief bereits während des gesamten letzten Jahres. Experten und Expertinnen weltweit trugen dazu eine Vielzahl an Vorschlägen und Kommentaren zusammen. Auch die GUTcert arbeitet seit Mai 2024 bei der Arbeitsgruppe „Gesellschaftliche Verantwortung und Nachhaltigkeitsmanagement“ beim DIN mit, der nationalen Normeninstitution der ISO in Deutschland. Erst nach der gemeinsamen Vereinbarung im Sommer 2024 konnte die Arbeit am Standard jedoch weitergehen. Ob die geplante Frist für die Verabschiedung der neuen ISO-Norm einhaltbar ist, bleibt offen. Unbestritten ist allerdings die Bereitschaft seitens der ISO, weiter zügig voranzukommen. Eine Reihe von weiterführenden Treffen sind bereits geplant.

Inhalte der künftigen Norm

Generischer Ansatz der ISO

  • Der aktuelle Entwurf 1.2 (August 2024) entspricht den Regeln der Harmonised Structure (HS) von ISO-Management-Standards: 10 Kapitel mit den vertrauten Titeln und dem Aufbau steigern die Akzeptanz seitens der Nutzer und tragen zu einer besseren Integration in bestehende Managementsysteme bei.
  • Die Wesentlichkeitsbetrachtung und der PDCA-Zyklus leiten Anwender von der Analyse des Kontextes über die messbare Planung hin zur betrieblichen Umsetzung. Nicht zu unterschätzen ist die anschließende Überwachung und Messung des Fortschritts und der obligatorische Lernimpuls bei ISO-Managementsystemen: Organisationen lernen aus der Erfahrung und streben nach transparenter Verbesserung der eignen Leistung.
  • Im aktuellen Entwurf wird Wesentlichkeit als Begriff nicht spezifisch definiert, weder als „doppelte Wesentlichkeit“, noch anders. Wie auch bei den anderen ISO-Normen geht es bei der Priorisierung der relevanten Themen – und dementsprechend der SDGs – erstmal grundsätzlich um die Auswirkungen der Geschäftstätigkeiten auf alle Säulen der Nachhaltigkeit. Wir werden sehen, wie die finale Definition der Wesentlichkeit ausfällt und ob diese evtl. zur „doppelten Wesentlichkeit“ wird, wie inzwischen State oft the Art in den Standards zur internationalen Nachhaltigkeitsberichterstattung (GRI) und in der EU-Gesetzgebung (CSRD).

Was ist im ISO-Normentwurf anderes als bei den gängigen Normen: Spezifik

  • Die von der ISO-HS gesetzte Struktur ist im Entwurfstext deutlich erweitert, durch zahlreiche spezifische Unterkapitel und Begriffe, was die Komplexität des Themas und den Beitrag von UNDP widerspiegelt.
  • Im Rahmen der Kontextanalyse sollen die Auswirkungen des Geschäfts entlang der 17 SDGs analysiert werden: Eine festgelegte Liste der zu bewertenden Themen ist ein Novum.
  • Besondere Bedeutung wird dabei den Interessen unterrepräsentierter und gefährdeter Gruppen beigemessen, denen eventuell die nachteiligen Auswirkungen von Entscheidungen und Aktivitäten der Organisation nicht bewusst sind. Ein ehrlicher Blick auf die gesamte Wertschöpfungskette und das Benennen der daraus resultierenden Maßnahmen werden also notwendig (Stand Entwurf), ganz im Sinne der Weiterentwicklung der Lieferkettengesetzgebung.
  • Dies hat zur Folge, dass auch die Verantwortung der Führung für das Schaffen von Kooperationen und Partnerschaften mit relevanten zivilen und internationalen Institutionen gefordert wird, um die SDGs in der gesamten Wertschöpfungskette wirklich voranzutreiben: Auch dies kannten wir als ISO-Experten und Expertinnen bis jetzt nicht.
  • Ein MUSS in der Kontext- und Wesentlichkeitsanalyse wird nicht nur das Thema Klimawandel (Vorgabe der HS), sondern auch die Gleichstellung der Geschlechter und menschenwürdige Arbeit.
  • Für eine messbare Zielsetzung werden u.a. Indikatoren vom UN Global Compact, der OECD-Rahmen und die GRI-Standards empfohlen.
  • Die ISO-typische Anforderung an einen definierten betrieblichen Prozess zur Umsetzung der Ziele bleibt bestehen, diesmal jedoch flankiert von Ergänzungen bezüglich Datenerfassung und -bewertung sowie dem Stakeholdermanagement.
  • Bemerkenswert ist, dass das 10. Kapitel „Verbesserung“ aktuell deutlich mehr Anforderungen an das Bewerten und Auslegen des Fortschritts enthält, als das in gängigen ISO-Standards üblich ist.

Als Anhänger einer ethischen Führung in der Wirtschaft, klarer Verantwortlichkeiten, messbarer Ziele und pragmatischer betrieblicher Lösungen in Unternehmen sind wir auf die weiteren Entwicklungen des Standards sehr gespannt und werden Ihnen diese weiter berichten.

Ansprechperson

Fragen zum Thema Nachhaltige Entwicklung beantwortet Ihnen gerne Yulia Felker.

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