EnEfG: Schwellenwertanhebung – echte Entlastung oder neue Last?

Die Bundesregierung erwägt derzeit, die Schwelle des EnEfG für die Pflicht zur Einführung eines EnMS oder EMAS auf 23,6 GWh anzuheben, entsprechend dem Mindestwert der novellierten EU-Energieeffizienzrichtlinie.

Ziel ist eine „Entbürokratisierung“ für Unternehmen. Doch was bedeutet das konkret in Verbindung mit der EU-Empfehlung (EU) 2024/2002 vom 24. Juli 2024 und im Kontext des deutschen Energieeffizienzgesetzes (EnEfG)?

Mögliche Folgen einer Anhebung

Müssen verbundene Unternehmen künftig zusammen bewertet werden? Und was bedeutet das für die betriebliche Praxis?

Die EU-Kommission hatte bereits am 24. Juli 2024 mit der Empfehlung (EU) 2024/2002 Leitlinien veröffentlicht, wie der Artikel 11 der novellierten Energieeffizienzrichtlinie (EU) 2023/1791 auszulegen ist. In Deutschland wird aktuell diskutiert, den Schwellenwert auf den EU-Mindestwert anzugleichen, verbunden mit dem politischen Ziel, Verfahren zu vereinfachen.

Die EU-Empfehlung konkretisiert, dass bei der Schwellenwertprüfung nicht nur einzelne juristische Einheiten zu betrachten sind, sondern auch sogenannte „linked enterprises“, also wirtschaftlich verbundene Unternehmen. Die Begründung der Kommission ist klar: Es soll vermieden werden, dass große Energieverbräuche durch Fragmentierung auf kleinere Gesellschaften unterhalb der Schwelle verteilt werden, um regulatorische Anforderungen zu umgehen.

Nach dieser Auslegung kann eine Pflicht zur Einführung eines Energieaudits oder EnMS nach ISO 50001 aus der Aggregation der Verbräuche aller verbundenen Unternehmen entstehen, auch wenn die einzelne Gesellschaft unterhalb der o.g. Schwelle bleibt.

Aktuelle Lage in Deutschland und ein Blick in den Koalitionsvertrag

Im Koalitionsvertrag steht: „Das Energieeffizienzgesetz und das Energiedienstleistungsgesetz werden novelliert und vereinfacht und auf EU-Recht zurückgeführt.“

Und in der Tat, nach deutschem Recht (§ 8 EnEfG) liegt die Schwelle für eine EnMS-Pflicht bislang bei 7,5 GWh, bezogen auf die kleinste selbstständige rechtliche Einheit. Eine konsolidierte Betrachtung verbundener Unternehmen ist nicht gesetzlich vorgeschrieben.

Eine reine Anhebung mag hier auf den ersten Blick wie eine Entlastung wirken, vor allem für kleinere Betriebe. Doch wenn gleichzeitig eine Konsolidierungspflicht für verbundene Unternehmen eingeführt wird, kehrt sich die Entlastung in vielen Fällen ins Gegenteil:

  • Der Adressatenkreis für Audit- und EnMS-Pflichten würde sich erheblich erweitern.
  • Der Verwaltungsaufwand durch konzernweite Energieverbrauchsaggregation steigt deutlich.
  • Die Komplexität in der Nachweisführung, Datenkonsistenz und Abgrenzung nimmt zu.

Was bedeutet das konkret für Unternehmen?

Wenn der Gesetzgeber dem EU-Leitbild folgt, ergeben sich neue Pflichten:

  • Schwellenwertüberschreitung durch Aggregation: Unternehmen, die heute unterhalb der Schwelle liegen, könnten durch die Einbeziehung verbundener Unternehmen plötzlich audit- oder EnMS-pflichtig werden.
  • Neue Compliance-Risiken: Fehlende oder fehlerhafte Berücksichtigung verbundener Einheiten könnte zu Verstößen gegen Pflichten führen – mit aufsichtsrechtlichen Konsequenzen.

Unsere Empfehlung für Unternehmen mit verbundenen Unternehmen

  • Verfolgen Sie die Revision des EnEfG aufmerksam.
  • Analysieren Sie Ihre Konzern- oder Beteiligungsstruktur mit Blick auf die Definition verbundene Unternehmen.
  • Nutzen Sie Managementsysteme (z. B. ISO 50001, EMAS) als strategischen Vorteil, auch vor einer gesetzlichen Verpflichtung.

 

Haben Sie Fragen oder Hinweise zum Thema Energieeffizienz? Wenden Sie sich gerne an Jochen Buser.